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Beamte demonstrieren gegen Aznar

Generalstreik im öffentlichen Dienst legt Spanien vorübergehend lahm. Noch bleibt die konservative Regierung stur

MADRID taz ■ Spaniens Regierungspräsident José Maria Aznar sah sich gestern dem ersten Streik in seiner fünfjährigen Amtszeit ausgesetzt. Zwei Millionen Beamten sowie Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst waren zu einem 24-stündigen Generalstreik aufgerufen. Die Arbeiterkommissionen (CCOO), die sozialistische UGT, sowie kleine Gewerkschaften protestierten gegen die starre Haltung bei der Lohn- und Gehaltspolitik der Konservativen.

Das Verwaltungsministerium will die Bezüge um zwei Prozent anheben, die Gewerkschaften fordern 4,7 Prozent und eine jährliche Überprüfung der Kaufkraft. „Der Streik wurde massiv befolgt“, heißt es in einem Kommunikee der Gewerkschaften. 73 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst schlossen sich dem Ausstand an. In den Arbeitervororten Madrids, dem so genannten „roten Süden“, befolgten die Kommunalverwaltungen den Streik zu 100 Prozent.

Der Verwaltungsminister Jesus Posada zählte nur sieben Prozent Streikbeteiligung. Ein Angebot machte er nicht. „Sie sollen nicht glauben, das es das war“, drohte der Sprecher von CCOO. Wenn die Regierung stur bleibe, gebe es im Januar neue Streiks.

Die Weigerung der Regierung, den Forderungen der Beamten nachzugeben, ist das Ergebnis restriktiver Haushaltspolitik. Aznar hat für 2001 erstmals einen ausgeglichenen Etat vorgelegt. Bei gleichzeitiger Steuersenkung bleibt nur Sparen. So ist im Etat 2001 für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nur ein Inflationsausgleich vorgesehen. Dabei wurde die optimistischste Schätzung für die Inflationsrate vom Beginn des Jahres als Basis genommen. So veranschlagte die Regierung eine zweiprozentige Teuerungsrate und eine zweiprozentige Erhöhung der Bezüge. In Wirklichkeit stiegen die Preise in den letzten zwölf Monaten um 4,1 Prozent.

Laut Gewerkschaften haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, seit die Konservativen die Regierung übernommen haben, Kaufkrafteinbußen von über vier Prozent hingenommen. Mit den zwei Nullrunden, die noch die sozialistische Vorgängerregierung erzwang, gehen die Beamten und Angestellten mit zwölf Prozent weniger nach Hause als 1992. Ein normaler Beamter bezieht monatlich einen Nettolohn von knapp über 1.000 Mark. 20 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben nur befristete Verträge. Neben einer Lohn- und Gehaltserhöhung wollen die Gewerkschaften die Regierung an den Verhandlungstisch zwingen.

Anders als in der Privatindustrie haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht das Recht, Tarifverhandlungen zu führen. Die Lohn- und Gehaltssteigerungen legt das Parlament fest. Es brodelt nicht nur im öfentlichen Dienst. Am Vorabend des Beamtenstreiks demontrierten in 40 Provinzhauptstädten über eine halbe Million Menschen gegen „prekäre Arbeitsverhältnisse“. In Spanien hat jeder dritte Arbeiter nur einen Zeitvertrag. Die Gewerkschaften wollen angesichts der Verhandlungen mit den Arbeitgebern über eine Reform der Arbeitsgesetzgebung Druck zu Gunsten von mehr Festverträgen ausüben. REINER WANDLER

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