: Krebs von der Tankstelle
■ Noch immer verdampft beim Tanken zuviel Benzin. Behörden wollen Gas-Absaugung der Zapfpistolen sicherstellen
Hamburg wird zum Jahresende das erste Bundesland sein, bei dem die Gas-Absaugung in den Zapf-pistolen der Tankstellen tatsächlich funktioniert. Umweltbehörde, die Gesundheits- und Umweltämter der Bezirke sowie die Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle (DGMK) wollen bis dahin alle großen Tankstellen überprüft und etwaige Defekte behoben haben.
Benzin ist ein flüchtiger Stoff. AutofahrerInnen merken das beim Tanken daran, dass ihnen der aromatische Kohlenwasserstoff Benzol in die Nase steigt. Das frische Benzin verdrängt verdampfte Reste des alten aus dem Tank. Bevor Anfang der 90er Jahre das Absaugen dieser Dämpfe vorgeschrieben wurde, gelangten jährlich 45.000 Tonnen Benzin auf diese Weise in die Luft. Benzol ist krebserregend. Überdies trägt der Dampf zur Bildung von Ozon und damit zum Sommersmog bei. Mit dem Absaugen durch ein dünnes Röhrchen an der Zapfpistole sollten drei Viertel des Benzin-Gases in die Lagertanks der Tankstellen geleitet werden.
Stichproben an Zapfsäulen zeigten allerdings, dass die Absaug-Anlagen nur bei der Hälfte der Fälle funktionierten, so dass sich die Behörden entschlossen, alle 230 großen Tankstellen der Stadt zu überprüfen. Die erste Testphase bei 50 Tankstellen in der ganzen Stadt ergab ein erschreckendes Bild: Bei jedem fünften Zapfschlauch funktionierte das Absaugen nicht. In vielen Fällen sei unausgereifte Technik eingesetzt worden, monierten die Gutachter. „Die Hersteller sind bis heute nicht in der Lage, standfeste Pumpen herzustellen“, klagt Gerhard Sasse vom Mineralölwirtschaftsverband, der die großen Ölkonzerne vertritt. Die Pumpen fielen ständig aus.
Doch nach dem Urteil der Fachleute müssen sich die Tankstellen-Betreiber auch an die eigene Nase fassen: Schlechte Wartung und eine unzureichende Kontrolle der Anlagen hätten gleichfalls zu deren Versagen beigetragen. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll das Untersuchungsergebnis für alle 230 großen Tankstellen vorgestellt werden. Gernot Knödler
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