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Startschuss mit Hindernissen

Der A3XX heißt jetzt A380 und wird gebaut – aber vorläufig nicht in Hamburg. Das Verwaltungsgericht untersagt den sofortigen Baubeginn für die Erweiterung des Airbuswerks. Das Projekt sei nicht gemeinnützig, Umweltschutz gehe erst mal vor

aus Hamburg SVEN-MICHAEL VEIT

Die Produktion des größten Flugzeugs aller Zeiten scheitert vorläufig an einem Hamburger Verwaltungsgericht und am Umweltschutz. Mit ihren Klagen gegen die Erweiterung des dortigen Airbuswerks haben zwei Anwohner in der Nacht zu gestern eine aufschiebende Wirkung erreicht. Damit darf der Senat der Hansestadt nicht vor einer endgültigen Gerichtsentscheidung mit den Vorbereitungen anfangen. Die rot-grüne Koalition hatte gestern Mittag den Baubeginn im Mühlenberger Loch verkünden wollen.

Hamburg will für die Werkserweiterung 140 Hektar des angrenzenden Vogelschutzgebietes Mühlenberger Loch zuschütten. Auf dieser ökologisch wertvollen Elbbucht, dem letzten Süßwasserwatt Europas, sollen die Hallen für den Bau des A380 entstehen. Die Herrichtung der Fläche will die Stadt mit 1,15 Milliarden Mark bezahlen, für die Produktion hat die Bundesregierung Bürgschaften bis zu 2 Milliarden Mark zugesagt.

Der Gerichtsbeschluss ist eine Ohrfeige für den Senat. Nach Ansicht der Kammer gibt es „keine plausible Planrechtfertigung“ für das größte Industrieprojekt Europas. Dieses sei „nicht als gemeinnützig“ einzustufen, weil die versprochenen 4.000 zusätzlichen Arbeitsplätze „nicht dauerhaft nachgewiesen“ werden könnten. Die „privaten unternehmerischen Zwecke“ der Airbus-Mutter, des größten europäischen Flugzeugbauers EADS, müssten deshalb hinter den Interessen der Kläger zurückstehen.

Beide Anrainer seien bei einer Werksausdehnung durch Lärm- und Geruchsemissionen unzumutbaren gesundheitsgefährdenden Belastungen ausgesetzt. Diese, so die Kammer unzweideutig, könnten „nicht durch Schallschutzmaßnahmen und/oder eine Entschädigung in Geld ausgeglichen werden“.

Während sich die Kläger, ihre Anwälte und Umweltschutzverbände gestern freuten, zeigte sich der Senat zwar geschockt, aber unbeirrt. Bürgermeister Ortwin Runde und sein Wirtschaftssenator Thomas Mirow (beide SPD) kündigten an, binnen 14 Tagen eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht einzulegen. „Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen“, so Mirow. Allein das finanzielle Engagement von Bund und Stadt beweise, dass „von einem rein privatnützigen Vorhaben keine Rede sein“ könne.

„Der Hindernislauf“, meinte Runde, „ist leider noch nicht zu Ende.“ Der Senat muss jetzt erhebliche Verzögerungen im ohnehin engen Zeitplan verkraften. Bis 31. August 2001 will EADS die Fläche hergerichtet sehen, ansonsten droht Hamburg leer auszugehen. „Wenn wir den Termin nicht garantieren können“, fürchtet Mirow, „könnte der A380 auch vollständig in Toulouse montiert werden.“

EADS ließ sich von derlei Problemen Hamburger Standortpolitiker nicht irritieren. Der Konzern gab gestern den offiziellen Startschuss für die A380-Produktion. In fünf Jahren soll das erste doppelstöckige Passagierflugzeug der Welt – das bislang unter dem Arbeitstitel A3XX lief – ausgeliefert werden.

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