: Der Euro macht sich
Ein Jahr lang wollte man ihn verzweifelt stärken. Jetzt kommt der Euro ganz von selbst. Der Dollar schwächelt
BERLIN taz ■ Euroschwäche. Dieses Wort hätte eigentlich das Unwort des Jahres 2000 werden müssen. Kaum eine Woche verging, ohne dass irgendein Finanz-„Experte“ seine Version von der vermeintlichen „Euroschwäche“ kundtat. Die taz ließ schließlich ihre Leser entscheiden, warum das Sorgenkind nicht auf die Beine kam. Ergebnis: „Der Euro ist schwach, weil der Dollar stark ist“ – dieser Satz von Finanzminister Hans Eichel erschien den taz-Lesern am plausibelsten. Vor allem: Er liefert auch gleich eine Erklärung, warum der Euro nun seit einigen Wochen steigt. Logisch. Weil der Dollar so schwach ist.
Warum aber hat der Dollar nachgelassen? Erstens sind die Ölpreise drastisch gefallen – von zeitweise 36 Dollar pro Barrel auf jetzt knapp 22 Dollar. Das heißt, es werden weniger Dollar benötigt, um die Ölimporte zu bezahlen. Geringere Dollar-Nachfrage bedeutet: Sein Kurs sinkt. Zweitens hat die seit langem prophezeite Abkühlung des US-Booms nun tatsächlich begonnen. Drittens haben das die Europäer sofort erkannt und kaufen jetzt lieber wieder Aktien und Staatsanleihen in Euro statt in Dollar. Im September etwa gaben sie nur noch drei Milliarden Dollar für US-Aktien aus, im März waren es noch drei mal soviel.
Der Euro tut endlich, was über ein Jahr lang herbeigeredet werden sollte: er steigt, schaffte es bis zum Jahreswechsel auf über 94 Cent – ganz ohne Interventionen. Und die Experten prognostizieren weiterhin das Blaue am Himmel: Der Euro könne bis Ende 2001 auf 1,22 Dollar steigen, meinen Optimisten bei Goldman Sachs. Andere setzen plötzlich auf die EU-Osterweiterung – bis vor kurzem ein beliebtes Argument für die „Euroschwäche“. Seit gestern ist Griechenland Mitglied der Eurozone. Trotzdem steigt der Euro, womit CSU-Chef Stoiber und andere selbst ernannte Finanzexperten Lügen gestraft werden. Hatten die doch vor den „Weichwährungsländern“ gewarnt, damals, als der Griechenland-Beitritt beschlossen wurde. KATHARINA KOUFEN
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