: Gift für die Kosovo-Truppe
Bundeswehr sieht bisher keine Gefahren für im Kosovo eingesetzte Soldaten durch giftige Munitionsreste. Urangehärtete Bomben als Ursache für vermehrte Krebsfälle im Verdacht
GENF taz ■ Ist die Gesundheit der seit Juni 1999 im Kosovo stationierten Bundeswehrsoldaten durch urangehärtete Munition bedroht? Anlass zu dieser Besorgnis geben jüngste Berichte über eine Häufung von Krebs-und Leukämieerkrankungen unter ehemals im Kosovo und in Bosnien eingesetzten Soldaten aus Italien, Spanien, Portugal und Belgien. Fünf italienische Kosovo-Soldaten sind bisher an Blutkrebs gestorben.
Doch das Bundesverteidigungsministerium versuchte gestern zu beruhigen. Bereits im letzten Jahr sei eine zunächst nicht genau bezifferte Anzahl der bislang im Kosovo eingesetzten Bundeswehrsoldaten untersucht worden, erklärte ein Sprecher der Hardthöhe. Der wissenschaftliche Abschlussbericht soll zwar erst im Frühjahr vorliegen. Doch bei den so bezeichneten „Bio-Monitoring-Tests“ seien „keine Erkrankungen oder Auffälligkeiten festgestellt worden, die durch radioaktive Strahlung hervorgerufen sein könnten“.
Exakt mit diesem Satz weisen das US-amerikanische Pentagon und das britische Verteidigungsministerium schon seit dem Golfkrieg gegen Irak alle Befürchtungen über eine gesundheitliche Schädigung zurück. Dabei sind die Verdachtsmomente inzwischen erdrückend: Das abgereicherte Uran (DPU) wurde vom Pentagon wegen seines extrem hohen spezifischen Gewichts für die Munitionshärtung ausgewählt. Beim Zielaufschlag wird feinster Uranstaub freigesetzt. Eine vom Pentagon im Jahr 1989 vorgenommene Untersuchung warnte vor der „hohen chemischen Giftigkeit“ dieses Staubes und vor der „schweren Gefährdung der eigenen Soldaten“ sowie „der Zivilbevölkerung des Einsatzlandes“.
Die Pentagonexperten befürchteten schon damals, was unabhängige Wissenschaftler heute für wahrscheinlich halten: Der Staub wird über die Schleimhäute aufgenommen und lagert sich im Körper ab. Krankheitssymptome zeigen sich meist erst Jahre später. Zudem kann der Staub vom Wind über hunderte von Kilometern verbreitet werden. Mit den klassischen Methoden zur Messung radioaktiver Strahlung lässt sich eine Gefährdung nicht erfassen.
Wenn das Verteidigungsministerium – so wie bislang das Pentagon und das britische Verteidigungsministerium – bei seiner Untersuchung auch nur diese Methoden angewandt hat, können sich die untersuchten Bundeswehrsoldaten nicht in Sicherheit wiegen. Nicht beruhigen kann auch die Erklärung der Hardthöhe, dass die „fünf Stellen (drei serbische Panzerwracks und zwei Freiflächen) im Kosovo, an denen erhöhte Strahlung festgestellt wurde“, zu Beginn des Einsatzes abgesperrt worden seien. Denn die Nato setzte bei rund 100 Angriffsflügen 31.000 Einheiten Munition mit insgesamt zehn Tonnen DPU ein – gegen weit mehr Ziele, als die jetzt bezeichneten fünf Stellen. AZU
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