: Kind unter Mordverdacht
Ein 13-jähriger Junge soll am Neuköllner Blutbad in der Silvesternacht beteiligt gewesen sein. Das Motiv ist unklar. Polizei: Erster Mord durch ein Kind seit 20 Jahren
An dem Mord an drei afghanischen AsylbewerberInnen soll nach Polizeiangaben ein 13-jähriger Junge beteiligt gewesen sein. Ein 28-jähriger Mann aus Tempelhof, ebenfalls afghanischer Herkunft, wurde gestern festgenommen und sollte im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt werden. Er ist der Schwager der getöteten Frau.
Der Dreifachmord fand in der Silvesternacht in der Neuköllner Elsenstraße statt. Bei dem Blutbad waren neben der Frau auch zwei afghanische Männer erschossen und erstochen worden.
Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei hatten zwei Täter gegen 1.40 Uhr bei ihren Opfern an der Wohnungstür geklingelt und sofort nach dem Öffnen mehrere Schüsse abgegeben. Sie attackierten die 32-jährige Mieterin Sarah Z. und zwei verwandte Männer, einen Cousin und einen Onkel im Alter von 23 und 41 Jahren, die gemeinsam Silvester gefeiert hatten. Bei dem Angriff erlitt eine überlebende Frau einen Schock. Zudem wurden die vier Kinder der Mieterin im Alter zwischen zwei und elf Jahren Zeugen der Tat. Sie werden derzeit psychologisch betreut.
Nach Angaben des Leiters der ermittelnden Mordkommission, Manfred Vogt, habe es in der Hauptstadt noch nie einen „so brutalen“ Mord gegeben, an dem ein Kind beteiligt gewesen sei. Er könne sich nur an einen Fall vor rund 20 Jahren erinnern. Damals habe ein 13-Jähriger ein kleines Kind umgebracht.
Weil der afghanische Junge jünger ist als 14, ist er strafunmündig und darf nicht vor Gericht gestellt werden. Laut Vogt befindet er sich derzeit in einer Kinder- und Jugendeinrichtung. Der Junge, der gut Deutsch spreche, habe keine Familienangehörigen in der Stadt. Über sein künftiges Schicksal konnte Kommissar Vogt nichts sagen. Das zuständige Bezirksamt müsse entscheiden, ob der Junge einen Vormund bekomme oder ob er in die „Großfamilie“, in der er bisher wohnte, zurückgehe.
Auch über das Mordmotiv konnte Vogt wenig sagen. Fest stehe, dass die Täter aus dem engen privaten Umfeld kämen. Sarah Z. war mit Mann und Kindern vor etwa vier Jahren nach Berlin gekommen. Seit ihr Mann an Krebs starb, arbeitete die Witwe nachts als Putzfrau.
In Berlin leben rund 800 Afghanen. Die meisten sind abgelehnte Asylbewerber, die jedoch nicht abgeschoben werden können. JULIA NAUMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen