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Wenn Tony Blair Labour verkuppelt

Nach einem Jahr Desaster wird Londons „Millennium Dome“ zu Vorzugsbedingungen an einen Unternehmer verkauft, der die britische Regierungspartei finanziell unterstützt. Die Untersuchung des Vorgangs wird natürlich erst nach den Wahlen beendet

von RALF SOTSCHECK

Robert Bourne ist voll des Lobes über den britischen Premierminister. „Blair ist die neue Thatcher. Er leitet eine aufgeklärte Regierung. Thatcher hat auch eine aufgeklärte Regierung geleitet.“ Der Premier sei einfach großartig, soll Bourne gesagt haben: „Blair hat Leute wie mich angezogen, die bis dahin ihr Geld immer den Konservativen gespendet haben.“

Bourne hat der Labour Party seit ihrem Wahlsieg 1997 100.000 Pfund überwiesen. Er kann es sich leisten, er hat ein Vermögen mit dem Kauf heruntergekommener Bürohäuser gemacht, die er renovieren ließ und an Unternehmen vermietete. Bourne wird nun der neue Eigentümer der gigantischen Kuppel im Londoner Stadtteil Greenwich, durch den der Nullmeridian verläuft. Gemeinsam mit dem irischen Konsortium Legacy will er 125 Millionen Pfund bezahlen. Die Bank of Scotland muss dafür bürgen, sollen die Verträge wie geplant am 14. Februar, dem Valentinstag, unterzeichnet werden.

Der Preis ist überaus günstig, wenn man bedenkt, dass der Staat 300 Millionen Pfund mehr einnehmen würde, wenn der Dome abgerissen und die 25 Hektar als Bauland verkauft würden. Die britische Finanzaufsichtsbehörde hat deshalb eine Untersuchung eingeleitet. Das Ergebnis wird nicht vor den Parlamentswahlen vorliegen, die wahrscheinlich am 3. Mai stattfinden.

Allein die Baukosten des Megazelts, in dem 12,8 Millionen Bierfässer Platz hätten, betrugen 750 Millionen Pfund. Geld aber fehlte dem „Dome“, denn die Besucher blieben aus. Zwölf Millionen zahlende Gäste wären zur Kostendeckung notwendig gewesen, bevor das Zelt am 31. Dezember 2000 dichtgemacht wurde. Am Ende wäre man schon mit einem Drittel davon zufrieden gewesen. So musste die Regierung immer wieder mit Finanzhilfen einspringen, um eine Pleite des „Schaustücks für New Labours Vision von Großbritannien im dritten Jahrtausend“, wie Blair großspurig erklärt hatte, zu verhindern.

So war die Regierung im Herbst froh, das peinliche Zelt an die japanische Bank Nomura loszuwerden. Die Bank ist Großinvestor in Großbritannien, sie betreibt 5.000 Wirtshäuser und eine privatisierte Eisenbahnstrecke. Doch beim Dome-Grundstück bekam Nomura kalte Füße und stieg aus. Die Auflage, die Kuppel 15 Jahre lang als Tourismusattraktion zu erhalten, war den asiatischen Bankern dann doch zu riskant.

Nun soll unter Bournes Regie ein „Wissenspark“ entstehen. Es soll „ein bisschen wie Manhattan“ aussehen. Die Infrastruktur ist vorhanden: Greenwich verfügt über den größten U-Bahnhof in Europa, am Themseufer befindet sich eine Anlegestelle für Schnellboote.

Im Gegensatz zu Nomura, das den Konservativen nahe steht, darf Bourne die Rechnung in Raten begleichen. Die Zahlungen hängen davon ab, ob Bourne Baugenehmigungen für sein ehrgeiziges Projekt erhält. So hat er ein erhebliches Druckmittel in der Hand, wenn er die Genehmigung beantragt.

Die bevorzugte Behandlung, so versicherte Bourne, habe weder etwas damit zu tun, dass er geschwind 33.000 Pfund an Labour überwies, nachdem sich Nomura zurückgezogen hatte, noch mit der Tatsache, dass er dem früheren Dome-Minister Peter Mandelson, der jetzt für Nordirland zuständig ist, Ende vergangenen Jahres eine extravagante Geburtstagsfeier ausgerichtet hat.

Labours Parteifinanzierung ist nicht nur wegen Bourne ins Gerede gekommen. Schon 1997 musste die Partei dem Autorennkönig Bernie Ecclestone eine Millionenspende zurückzahlen, weil die Regierung im Gegenzug die „Formel 1“ vom Tabakwerbeverbot ausgenommen hatte. Anfang dieses Jahres wurde öffentlich, dass Labour von drei Geschäftsleuten – Lord Hamlyn, Lord Sainsbury und Christopher Ondaatje – jeweils zwei Millionen Pfund erhalten hat. Blair trat die Flucht nach vorn an: „Ich bin sehr stolz darauf, dass es erfolgreiche Unternehmer und enttäuschte Tories gibt, die sich den Zustand der Konservativen ansehen und nun die Labour Party unterstützen“, sagte er. Unangenehm war dabei allerdings, dass einer der Zwei-Millionen-Schecks aus dem Steuerparadies Bermuda geschickt wurde, hatte die Regierung doch 1999 eine Untersuchung gegen die Tories eingeleitet, weil deren Schatzmeister Michael Ashcroft bedeutende Summen aus dem zentralamerikanischen Belize an seine Partei überwiesen hatte. Das sei etwas anderes, behauptet Labour. Am 16. Februar – zwei Tage nach dem Dome-Verkauf – tritt nun ein neues Parteispendengesetz in Kraft, wonach bei Parteispenden über 5.000 Pfund die Summen und die Namen der Spender veröffentlicht werden müssen.

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