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Folterer aus Argentinien

Der in Mexiko verhaftete Miguel Angel Cavallo darf nach Spanien ausgeliefert werden

von BERND PICKERT

In Argentinien genießt er Immunität trotz seiner Verbrechen, in Mexiko kannte ihn zunächst einfach keiner, bis er am 24. August vergangenen Jahres in Cancún verhaftet wurde, und in Spanien soll er nun verurteilt werden: Ricardo Miguel Cavallo, 49, der sich in Mexiko Miguel Angel Cavallo nannte und an seiner früheren Wirkungsstätte, der berüchtigten Folterstätte ESMA in Buenos Aires, als „Marcelo“ oder „Serpico“ bekannt war. Mit seinem Unternehmen „Talsud“ hatte er, der in Argentinien während der Diktatur an Folterungen, Morden und Kindesraub beteiligt gewesen sein soll, für das privatisierte Kraftfahrzeugregister in Mexiko den Zuschlag erhalten. Als das Bild des ehemaligen Offiziers im Range eines Fregattenkapitäns daraufhin in der Zeitung stand, wurde er von ehemaligen Gefangenen erkannt.

Jetzt ist Cavallo auf dem besten Weg, zu einem Symbol für die Anwendung des so genannten „Weltrechtsprinzips“ zu werden, nach dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit von jedem Gericht der Welt abgeurteilt werden können. In Mexiko war Cavallo verhaftet worden, nachdem der Madrider Untersuchungsrichter Baltasar Garzón, bekannt auch als Ankläger des chilenischen Exdiktators Augusto Pinochet, die Auslieferung Cavallos verlangt hatte. Am Freitag nun hat ein mexikanisches Gericht der Auslieferung an Spanien im Prinzip zugestimmt. Einzig Cavallos Anwälte haben jetzt noch die Möglichkeit, durch Widersprüche und Berufungen den Auslieferungsprozess bis zu eineinhalb Jahre in die Länge zu ziehen.

Als Mitglied der so genannten „Arbeitsgruppen“ der ESMA hatte sich Cavallo nicht nur um die Entführung Oppositioneller gekümmert, sondern auch um den Verbleib von deren Vermögen. Nicht wenige glauben, dass auch das Kapital zur Gründung seiner Firma nicht zuletzt aus dieser Art Raub herrührte.

Cavallo wäre der zweite Fregattenkapitän der ESMA, der in Spanien auf sein Gerichtsverfahren wartet. Der andere ist Adolfo Scilingo, jener Offizier, der sich Mitte der 90er-Jahre einem argentinischen Journalisten offenbart und eingestanden hatte, an Flügen beteiligt gewesen zu sein, bei denen Inhaftierte bei lebendigem Leib über dem Rio de la Plata abgeworfen wurden.

Von Geständnissen aber ist Cavallo weit entfernt. Den Beschluss zur Auslieferung nahm er mit unbewegter Miene auf, lediglich seine Anwälte wurden puterrot im Gesicht, und einige argentinische Menschenrechtsaktivisten, die in Mexiko-Stadt mit im Saal waren, brachen in Jubel aus.

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