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NEUES MEDIENGESETZ IST KEIN SIEG FÜR DIE TSCHECHISCHEN JOURNALISTENEs geht um viel, viel Geld

Die Revolte im Tschechischen Fernsehen hat also ein Ergebnis: ein neues Fernsehgesetz. Doch es passiert das, was schon vor Wochen Eingeweihte fürchteten: Die Zugeständnisse kommen nur scheinbar den Revoltierenden entgegen. Es haben sich Paragrafen eingeschlichen, die eine stärkere Einflussnahme der Politik ermöglichen. So muss die Leitung des Senders allerhand Anfragen jederzeit beantworten und Empfehlungen annehmen. Entgegengekommen ist man den Journalisten nur darin, dass gesellschaftlich relevante Gruppen das Vorschlagsrecht bei der Wahl von Mitgliedern des vergrößerten Fernsehrates bekommen. Gewählt wird der Rat jedoch nach wie vor von der Abgeordnetenkammer des Parlamentes – die schon nach der bisherigen Version des Gesetzes keineswegs politisch abhängige Vertreter hätten wählen müssen. Sie tat es nur.

Die politische Aufsicht wird durch die gegenwärtige Konfliktlage und durch schlechtes Wirtschaften der beiden letzten Direktoren begründet. In der Tat sind Vorwürfe gegen ihre Haushaltsführung berechtigt. Die Direktoren haben versprochene Konzeptionen nicht rechtzeitig geliefert, und im Koloss mit seinen mehr als 3.000 Mitarbeitern sind manche allzu volle Futtertröge erhalten geblieben. Auf eine Reform wird also weiterhin gewartet. Es stimmt jedoch nicht, dass der Aufstand der Journalisten diese Pfründen verteidigen wollte, wie von den erzliberalen Politikern um Parlamentspräsident Klaus oft vermutet wird. Wer die Dauer von Rechtsstreitigkeiten vor tschechischen Gerichten kennt, wer sich erinnert, wie letztes Jahr die Justizreform im Parlament scheiterte, der begreift, wie verzweifelt die Lage der Redakteure angesichts der arrogant handelnden Macht des so genannten Oppositionsbündnisses war.

Doch auch die Redakteure haben Fehler gemacht – sie haben zu oft ihre Forderungen mit der Berichterstattung vermengt, sie haben keine Konzeption dessen vorgestellt, was sie sich konkret unter einem staatsfernen öffentlich-rechtlichen Sender vorstellen. Der Europarat, der über die Veränderung des Gesetzes unterrichtet wurde, zeigte sich unzufrieden. Das Diskussionen sind weiterhin bestimmt von Äußerungen, die auf die Privatisierung beider oder zumindest des 2. Programms des Tschechischen Fernsehens abzielen. Und es wird wie der sechs Jahre alte Streit um die Tschechische Philharmonie ausgehen: die Praxis eines politischen Aufsichtsgremiums, in die Leitung hineinzuregieren, bleibt ungestraft. Diese Praxis wird auch beim Fernsehen fortbestehen. Denn – bei der Privatisierung geht es um viel Geld, genauso wie damals bei den Rechten für Plattenaufnahmen der Tschechischen Philharmonie. JAROSLAV ŠONKA

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