: Das Herz schlägt rechts
Wie der bislang unbekannte Landesverband der Deutschen Partei mit Hilfe eines FPÖ-Abgeordneten ein rechtsextremes Sammelbecken werden möchte und einige Linke dies zu verhindern versuchten
von DIRK HEMPEL
Die rechten Parteien in Berlin wollen den österreichischen Freiheitlichen nacheifern. Eine gemeinsame Partei rechts der CDU und zweistellige Wahlergebnisse – so stellen sie sich die Zukunft vor. Dazu benötigen sie aber offenbar noch Schützenhilfe aus dem Nachbarland.
Vertreter der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sind gern gesehene Gäste bei den extremen Rechten – wie am vergangenen Donnerstag Peter Sichrovsky, Europaabgeordneter der Partei von Jörg Haider. Sein Auftritt im Zehlendorfer Restaurant „fedi’s“ beginnt allerdings mit einem Hindernis: Zwei Dutzend Jugendliche bilden vor der Tür des Restaurants eine Menschenkette. Sie tragen Wollmützen und Palästinensertücher, haben einen Reader zur „Einführung in die Politische Wissenschaft“, wirken diskutierfreudig und entschlossen. „Wir wollen verhindern, dass hier ein Faschist auftritt“, erklärt einer der Aktivisten.
Ihnen stehen die geladenen Gäste gegenüber, darunter auch der brandenburgische Landesvorsitzende der Republikaner, Harry Wittstock. Er ruft die Polizei und freut sich schon: „Gleich wird geräumt.“ Auch der Gast aus Österreich steht vor der Tür. Sichrovskis Kommentar: „Das ist ein antifaschistischer Kindergarten.“ Zumindest das Altersverhältnis hat er damit treffend beschrieben. Die Veranstaltungsbesucher sind meist doppelt so alt wie die Protestierer – und etwa doppelt so viele.
Einige von ihnen nehmen den Schlusssatz ihrer Einladung „Gemeinsam sind wir stark“ wörtlich. Sie versuchen, mit Gewalt, die Kette der Jugendlichen zu durchbrechen. „Gewalt erzeugt Gegengewalt“, „Damals die Hitlerjugend, heute ihr“ und „Lasst mich rein, ich habe Hunger“ schreit das rechte Publikum den Jugendlichen entgegen. Die aber lassen die Hungernden und Frierenden erst rein, als ihnen Polizisten eine Strafanzeige wegen Nötigung androhen.
Einige der Protestierer nehmen dann sogar im Auditorium Platz und machen sich teilweise eifrig Notizen. Sehr zur Freude Sichrovskis: „Jetzt haben die Linken sogar noch den Saal gefüllt.“ Der rechte Politiker mit kurzem grauem Haar gibt sich leger. Souverän referiert er über die EU-Sanktionen gegen Österreich. Kein Wunder, er hat den Vortrag schon mal gehalten – in Oxford.
Er möchte die Zuhörer für den Aufstieg der FPÖ begeistern, ohne dabei „den Heil bringenden Österreicher“ zu spielen. „Das ist schon einmal schiefgegangen“, ergänzt er lächelnd. Den meisten sind Sichrovski und seine Partei ein Vorbild. Der mittlerweile aufgelöste Bund Freier Bürger (BFB) trug bewusst den Zusatz „die Freiheitlichen“, die Republikaner bezeichnen sich als „die freiheitliche Partei“.
Im Saal herrscht Einigkeit: Deutschland brauche eine gemeinsame rechte Partei. Nach Ansicht der Veranstalter könnte dies die Deutsche Partei sein. Erst seit dem 28. Dezember letzten Jahres hat die Partei, die von sich behauptet, sie sei „die älteste Partei Deutschlands“, auch in Berlin und Brandenburg einen Landesverband.
Dessen Mitglieder rekrutieren sich hauptsächlich aus ehemaligen Mitgliedern und Sympathisanten des BFB – wie der Landesvorsitzende, der in Zehlendorf wohnende Kaufmann Eberhard Lehmann. Seit etwa einem Jahr schon organisiert er im „fedi’s“, wo gelegentlich auch Zehlendorfs SPD sich trifft, seine Veranstaltungsreihe. Bisher als „Freundeskreis des BFB“, jetzt aber unter dem Label der Deutschen Partei. In welche Richtung es gehen soll, ist klar. Nach rechts. Und nach Osten. Eine Landkarte hinter dem Rednerpult zeigt Deutschland in ungewohnter Größe: in den Grenzen von 1937.
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