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: Der Faktor 1,35

Der Blitz ist gestern bei Finanzsenator Peter Kurth eingeschlagen. Oder korrekter: ein Gutachten des ifo-Institutes. Im Auftrag der Geberländer hatte das Institut errechnet, dass Berlin nicht zu wenig, sondern zu viel Geld aus dem förderalen Finanzsystem bezieht. 1,35 heißt der Faktor, den der Stadtstaat derzeit für den Mehraufwand pro Einwohner geltend machen kann. Im Vergleich zu Flächenstaaten. Eine Grundlage dafür gibt es aber nicht – der Faktor beruht auf Schätzungen.

Kommentar von NICK REIMER

Das ifo-Institut hat nun ermittelt, dass der Faktor für Berlin bei maximal 1,2 liegen dürfte. In Zahlen: Der Hauptstadt stehen jährlich bis zu 3,5 Milliarden Mark weniger zu. Kurth nennt das Ergebnis einen „ungeheuerlichen Anschlag auf die Lebensfähigkeit Berlins“. Nun: Zumindest für die finanzielle Lebensfähigkeit Berlins zeichnet Kurth verantwortlich. Er braucht jetzt nur sein Gutachten aus der Schublade zu ziehen, das den Faktor 1,35 zementiert. Das Bundesverfassungsgericht hatte nämlich Ende 1999 klar gesagt: Belege müssen her, der Mehraufwand muss untermauert werden. Kurth hatte über ein Jahr Zeit, nachzuweisen, dass der Mehrbedarf Berlins tatsächlich diese Dimension erreicht. Oder übertrifft.

Wer sich einseitig auf Kosten der Schwachen bereichern wolle, stelle die Solidarität der Länder in Frage, polterte Peter Kurth gestern. Angesichts solcher Töne muss man fürchten: Kurth hat gar keinen Blitzableiter – ein eigenes profundes Gutachten.

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