piwik no script img

Mehr als alle Neune

Trotz Sturms in der „Kinderstube“: In dieser Saison ungewöhnlich viel Nachwuchs bei den Kegelrobben an der Nordsee  ■ Von Heike Wells

Trotz wilder Herbststürme in der „Kinderstube“ hat es bei den schleswig-holsteinischen Kegelrobben mit dem Nachwuchs in dieser Saison gut geklappt: Mindes-tens 13 Jungtiere sind nach Informationen der Naturschutzverbände „Schutzstation Wattenmeer“ und „Öömrang Ferian“ (Amrumer Verein) seit November auf den Wurfplätzen vor den nordfriesischen Inseln Sylt und Amrum geboren worden. Das sind mehr als in den Vorjahren, in denen es maximal zwischen acht und zwölf pro Saison waren.

Noch Mitte Dezember hatte ein Sturm ein Robbenbaby an den Strand von Hörnum auf Sylt getrieben und weitere durch den Nationalpark gekegelt. Seitdem aber hat sich der Robbennachwuchs offenbar weitgehend ungestört entwi-ckeln können. Stürme bilden die größte Gefahr für die kleine, rund 50 Tiere umfassende einzige deutsche Kolonie dieser Robbenart: Sie können die frisch geborenen Robbenbabies von ihren „Kinderstuben“ – vornehmlich dem so genannte Jungnahmensand – wegspülen. Drei Jungtiere haben in dieser Saison dieses Schicksal erlitten.

Anders als ihre Verwandten, die Seehunde, kommen kleine Kegelrobben aber nicht mit einer wärmenden Speckschicht auf die Welt. Treiben sie zu lange im kalten Nordseewasser, bedeutet das ihr Todesurteil. Zudem lassen Veränderungen im Wattenmeer die Sandbänke stetig abflachen und setzen sie damit immer stärker den Elementen aus.

Ähnlich wie versprengte Seehundbabies im Frühsommer („Heuler“) haben auch Kegelrobbenjunge nur eine Überlebenschance, wenn sie ungestört rasten können, um später entweder aus eigenem Antrieb zum Wurfplatz zurückzuschwimmen oder vom Muttertier gefunden und gesäugt zu werden.

Seit einigen Jahren arbeiten die Schutzstation Wattenmeer und der „Öömrang Ferian“ darum an Schutzmaßnahmen für die Kegelrobben: An den Stränden von Sylt und Amrum, die die Tiere zunehmend als alternative Liegeplätze nutzen, richten sie jeden Winter vorsorglich bewachte Ruhezonen ein. Sie bestehen aus einem etwa 200 Meter messenden zum Meer hin offenen Halbkreis, der für Spaziergänger und vor allem freilaufende Hunde gesperrt ist. Zwei Mitarbeiter wachen bei Wind und Wetter über diese Ruhezonen.

Die Strandspaziergänger auf den Inseln zeigten meist großes Verständnis für diese Aktionen, erklärt der Sprecher der Schutzstation, Lothar Koch. Nicht zuletzt bieten diese ihnen die oft einmalige Gelegenheit, die in hiesigen Breiten seltenen Kegelrobben – durch bereitgestellte Ferngläser und aus angemessener Entfernung – in ihrem angestammten Lebensraum zu beobachten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen