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Filz mit Folgen für die Aktie

Verlust-Kredite der Bankgesellschaft an CDU-Parteigänger belasten den Aktienkurs. Das Land könnte dadurch Einnahmen beim geplanten Verkauf ihrer Aktienanteile verlieren

Die finanziellen Schwierigkeiten der Bankgesellschaft Berlin haben jetzt ein parlamentarisches Nachspiel. Die Grünen-Fraktion kündigte gestern an, die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu beantragen, sollte der Senat nicht von sich aus Licht in das Dunkel verlustreicher Geschäfte der Bankgesellschaft bringen. Barbara Oesterheld, baupolitische Sprecherin der Günen, sagte bei der Vorstellung ihrer Großen Anfrage für die nächste Plenarsitzung: „Wenn der Senat am 1. Februar ausweichend antwortet, werden wir uns weitere parlamentarische Maßnahmen überlegen.“

Die Grünen wollen mit ihrer Anfrage erfahren, in welcher Höhe seit 1994 Wertberichtigungen bei der landeseigenen Bankgesellschaft vorgenommen worden und wie hoch die dadurch entstandenen Steuerausfälle gewesen seien. Oesterheld: „Jugend- und Sozialprojekte werden abgewürgt, weil kein Geld da ist.“ Die Banker machten jedoch unter den Augen des Senats hohe Verluste, für die letztlich die Steuerzahler aufkämen.

Auslöser der jetzigen Schwierigkeiten sind riskante Immobiliengeschäfte der Berlin Hyp, der Immobilientochter der Bankgesellschaft. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen verlangt nach einer Sonderprüfung deshalb jetzt zusätzliche Wertberichtigungen in dreistelliger Millionenhöhe, so Oesterheld. Hintergrund der möglichen Wertberichtigungen ist unter anderem der Fall Aubis, der den Bankkonzern schon länger beschäftigt.

Aubis kaufte Mitte der Neunzigerjahre rund 16.000 Plattenbauwohungen in Ostdeutschland. Aubis-Geschäftsführer waren damals Christian Neuling und Klaus-Hermann Wienhold, beide CDU-Mitglieder. Den Kredit für das Geschäft erhielt Aubis von der Berlin Hyp, deren Vorstandsvorsitzender der CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky ist. Nach Oesterhelds Angaben flossen rund 600 Millionen Mark an Aubis.

Die Aubis-Wohnungen sollten saniert und verkauft werden. Das Geschäftsmodell ging jedoch nicht auf. Folge: Die Rückzahlung der Kredite ist gefährdet. Oesterheld: „Die beiden Aubis-Geschäftsführer hatten von Wohnungswirtschaft keine Ahnung, als Eignung brachten sie lediglich das CDU-Parteibuch mit.“ Nach Recherechen der Grünen-Abgeordneten war das gescheiterte Aubis-Geschäft nicht das einzige dieser Art. Mit weiteren Verlusten sei dann zu rechnen, wenn der Wert der Wohnungen am Markt realisiert werden muss. Aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs stehen in vielen ostdeutschen Städten hunderttausende Wohnungen leer.

Berlin stellen sich damit Probleme, die den Haushalt nicht nur wegen möglicher Steuerausfälle belasten können. Das Land will in diesem Jahr bis zu 6,5 Prozent seiner Anteile an der Bankgesellschaft verkaufen und hielte dann noch 50,1 Prozent. Fällt wegen der Schwierigkeiten der Kurs der Bank, sind die Anteile weniger wert. Zur Zeit dümpelt der Kurs bei unter 14 Euro vor sich hin – rund 20 Prozent unter dem Jahreshöchstwert. In der Finanzverwaltung gibt man sich dennoch gelassen. Über mögliche Einnahmeverluste wegen eines fallenden Kurses könne man nur spekulieren, da niemand die Kursentwicklung vorhersagen könne, so ein Behördensprecher. Zudem werde der aktuelle Aktienkurs nur eine mittelbare Rolle spielen, da die Anteile als Paket verkauft würden. „Dem potenziellen Investor geht es um ein strategisches Engagement bei der Bankgesellschaft.“

RICHARD ROTHER

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