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Kaufen sie oder kaufen sie nicht? Die Verhandlungen zwischen Kirch und den Öffentlich-Rechtlichen um die WM-Übertragungsrechte 2002 und 2006 sind bald so spannend wie das Spiel selbst
von ARNO FRANK
Was müssen wir einschalten, wenn wir 2002 und 2006 Rudi Völler und seine Jungs bei der Fußballweltmeisterschaft sehen wollen? ARD und ZDF mit ihrer gut gepolsterten „ersten Reihe“? Sat.1, ja, „ran“? Vielleicht sogar RTL? Oder brauchen wir tatsächlich ein Abo für Premiere World? Leo Kirch, der die Rechte für 1,7 Milliarden Mark vom Weltfußballverband FIFA ersteigert hat, verhandelt seit Wochen mit den Öffentlich-Rechtlichen. Die Gespräche waren mal abgeschlossen, dann wurden sie wieder aufgenommen, stockten, liefen wieder – und sind nun endgültig abgebrochen. So stand’s zumindest am Freitag in der Süddeutschen Zeitung unter Berufung auf eine Quelle aus der „Runde der Intendanten“. Nach diesem medialen Warnschuss in Richtung Kirch ließen Fritz Pleitgen (ARD) und Dieter Stolte (ZDF) prompt dementieren: Die Gespräche würden sehr wohl fortgesetzt.
In der Süddeutschen stand auch, wer die Schuld trägt am Scheitern der Verhandlungen in München: Leo Kirch und sein Vize Dieter Hahn, weil sie ARD und ZDF die lukrativen Rechte nicht unter 800 Millionen Mark überlassen wollten. Viel zu teuer für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die allein für die 25 Spiele der WM 2002 knapp 250 Millionen Mark hätten berappen sollen, von einer „Option“ auf die WM 2006 ganz zu schweigen. „Gestärkt“, hieß es, gingen die ARD-Anstalten aus den abgebrochenen Verhandlungen hervor. Das stimmt nicht ganz. Vielmehr stecken beide Parteien in der Zwickmühle.
Will Leo Kirch die Turniere Gewinn bringend vermarkten, kommt er an den Öffentlich-Rechtlichen nicht vorbei: Zwar könnte er die Spiele auch bei „ran“ auf seinem eigenen Sender Sat.1 laufen lassen, doch ließen sich die enormen Ausgaben über Werbeeinnahmen allein nicht ausgleichen. Würde er die Rechte an die Konkurrenz von RTL verkaufen, die bereits prophylaktisch Interesse angemeldet hat, brüskierte er wiederum Sat.1. Auch darf er die Spiele nicht ausschließlich auf seinem Bezahlfernsehen Premiere World ausstrahlen – nach Fifa-Regeln müssen die wichtigsten zehn Spiele jeder WM und die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft frei empfangbar sein. Bleiben also nur ARD und ZDF als finanzstarke Free-TV-Partner.
Dass die sich keineswegs so entspannt zurücklehnen können, wie’s die Süddeutsche suggeriert, beweisen die bisherigen Querelen um die Rechte. Dieter Stolte hatte für das ZDF bereits zugesagt, da verlangten die ARD-Anstalten „Nachbesserungen“ im Vertragswerk. Umso wichtiger war nun Stolte und Pleitgen bei ihrem Dementi, dass sie bei den Verhandlungen „vollkommen geschlossen“ aufträten. Ihnen kann es weniger um finanzielle Erwägungen als um den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehen: Wenn ein gesellschaftlich so wichtiges Ereignis wie die Fußballweltmeisterschaft ohne Beteiligung von ARD und ZDF über die Bühne ginge, müssten sich die Grundversorger fragen lassen, wofür sie all die Gebühren kassieren – und ob ihre föderalistische Struktur bei den aktuellen Marktverhältnissen nicht ein Klotz am Bein ist.
Beide Parteien wollen, müssen und werden also weiter verhandeln. Nächste Woche, gaben die Beteiligten ungewohnt einhellig bekannt, beginnt in Mainz die Rückrunde. Und die Süddeutsche macht wieder den Linienrichter.
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