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Öffentliches Meckern, heimliche Einigkeit

Die Bundestagsdebatte über die Zukunft der Bundeswehr sparte die Auseinandersetzung über Grundsätzliches aus

BERLIN taz ■ „Nölig“ fielen die Reden von Unionspolitikern über die Zukunft der Streitkräfte aus, befand der PDS-Abgeordnete Wolfgang Gehrcke gestern im Bundestag, und dafür gebe es auch einen guten Grund: Das Dilemma von CDU und CSU bestehe darin, dass sie „im Prinzip“ dieselbe Richtung einschlagen wollten wie die rot-grüne Bundesregierung. SPD, Union, Grüne und FDP seien sich darin einig, dass „aus einer Verteidigungsarmee eine weltweite Interventionsarmee werden sollte.“

Öffentlich würde dieser Analyse gewiss kein Wehrpolitiker aus den anderen Parteien zustimmen. Aber wer die Debatte über die Zukunft der Streitkräfte verfolgt hat, kann Gehrcke schwerlich widersprechen. Gestritten wurde über Details – nicht über Grundsätze. Dabei sparte man nicht an großen Worten: „Anerkennung, Dank und Respekt“ ernteten die Angehörigen der Bundeswehr für ihr Wirken sowohl innerhalb der Nato wie auch in der deutschen Gesellschaft, meinte Verteidigungsminister Rudolf Scharping. „Ausschließlich parteipolitisches Kalkül“ vermutet der Verteidigungsminister angesichts der vielen Gemeinsamkeiten mit der Union hinter jeglicher Kritik aus diesem Lager. „Begründete Zweifel“ habe er daran, dass die geringen Differenzen die „Polemik“ seiner Kritiker rechtfertigen.

Das mochte Friedrich Merz nicht auf sich sitzen lassen. Immerhin war seine Rede angesichts der Führungskrise der Union für den Fraktionschef auch hinsichtlich des Binnenklimas von Bedeutung. Niemals zuvor habe ein Verteidigungsminister eine derart „auf Sand gebaute“ Struktur vorgestellt wie Scharping. Das „ganze Ausmaß der Unseriosität“ erläuterte Merz dann an Beispielen von Standorten: Vom einen würden fast alle Soldaten abgezogen, ein anderer gelte trotz geringer Personalstärke als Großstandort. In den Augen des CDU-Politikers reichte das für Fundamentalkritik: „Die Kürzungen sind weder sicherheitspolitisch noch verteidigungspolitisch zu verantworten.“

Allerdings fanden weder Regierung noch Oppositon den richtigen Hebel zur Darstellung eigenständiger Konzepte. Vergleichsweise leicht hatte es da noch Günther Nolting von der FDP. Seine Partei hat kürzlich die Aussetzung der Wehrpflicht gefordert. So beklagte er denn gestern mangelnde Wehrgerechtigkeit und behauptete, Scharping halte „wider besseres Wissen“ an dieser Wehrform fest. Angesichts einer anderen Beschlusslage in der Union konnte Merz hingegen in dieser Frage nur seine Übereinstimmung mit Scharping erklären und im Übrigen auf die Vergangenheit verweisen: Früher habe man Auslandseinsätze der Bundeswehr gegen den Widerstand von SPD und Grünen durchsetzen müssen.

Das ist wahr – und vorbei. Gestern lobte auch Winfried Nachtwei von den Grünen die Standortschließungen als „sachgerecht und nachvollziehbar“. Zu sehr viel mehr Themen äußerte er sich nicht. BETTINA GAUS

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