: Wem kommt was in die Tüte?
TU und HU Berlin erforschen das Profil der hiesigen Biokäufer: In zwei Jahren wurden 700 Personen zu Einkaufs- und Ernährungsverhalten befragt
Es gibt viele gute Gründe, Lebensmittel aus ökologischem Anbau zu kaufen. Doch trotz aller Lebensmittelskandale macht der Anteil von Bioprodukten am Lebensmittelmarkt lediglich 2 Prozent aus. Einsicht und gute Vorsätze weisen letztendlich nur einer kleinen Gruppe von Verbrauchern den Weg in die Bio-Einkaufsstätten. Worin unterscheidet sich der typische Biokäufer von anderen Kunden? Was gibt den Ausschlag, fest sitzende Einkaufsgewohnheiten zu verändern, und welche Schwierigkeiten sind dabei zu überwinden? Diesen Fragen geht ein Berliner Forschungsprojekt an der TU und HU Berlin seit zwei Jahren auf den Grund. Insgesamt 700 Berliner Biokäufer wurden in diesem Zeitraum zu ihrem Einkaufs- und Ernährungsverhalten, den Gründen und ihren Einstellungen befragt. Nun liegen die Ergebnisse vor.
Die Berliner Biokäufer, so ein Fazit der Untersuchung, sind nicht lediglich alle Allergiker, Müslis oder Leute mit zu viel Geld. Produkte aus ökologischem Anbau werden inzwischen von ganz verschiedenen Leuten mit unterschiedlichen Motiven gekauft. „Weil die Tomate wirklich noch nach Tomate schmeckt“, „weil ich mal mitgekriegt habe, wie es in einer herkömmlichen Schlachterei so zugeht“, „weil ich am Wochenende gerne Fahrradtouren in Brandenburg mache und die Landschaft dort so erhalten bleiben soll“. Häufig geben auch Kinder den Ausschlag, besser darauf zu achten, was im Einkaufskorb landet. Mit dem Kauf von Bioprodukten ändert sich oft die Ernährung: mehr Frisches, weniger Konserven und Fertigprodukte, mehr Gemüse und Obst der Saison und seltener Fleisch und Wurst. Vollkornspaghetti, Curry-Ananas-Aufstrich und Tofuwürstchen waren einigen Kunden zunächst suspekt, bescherten ihnen aber so manches ungewohnte Geschmackserlebnis.
Am Geld scheitert es jedenfalls nicht: Über drei Viertel der Befragten verfügen nur über ein geringes bis mittleres Einkommen. Wer über ein geringes Einkommen verfügt und trotzdem gerne Bioprodukte kauft, wählt besonders oft die Mitgliederläden als Einkaufsort. Gegen Zahlung eines monatlichen Beitrags wird hier ein Großteil der Produkte zum Lieferpreis ohne Aufschlag verkauft. Leute, die beim Einkauf auf ein Schwätzchen aus sind, gehen dagegen gerne auf die ökologischen Wochenmärkte. Wenn es schnell gehen soll, gibt es die Bio-Corner bei Karstadt, und sehr große Auswahl bieten die Biosupermärkte. Das Angebot von Bioprodukten an ganz unterschiedlichen Orten trägt nicht nur dazu bei, den Käuferkreis zu erweitern, sondern auch beim nächsten Skandal mehr Kaufalternativen zu haben.
Weitere Informationen: Dr. Martina Schäfer, Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin. schaefer@ztg.-tu-berlin.de
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