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Chinesen lachen mit Scharping

Beim ersten Besuch eines deutschen Verteidigungsministers in Peking trifft Scharping den chinesischen Offiziershumor und bricht damit das Eis, das China von Europa trennt

PEKING taz ■ Im ungeheizten Betongewölbe der Pekinger Militärakademie saßen hundert finster blickende Führungsoffiziere der chinesischen Volksbefreiungsarmee und lauschten Rudolf Scharping. Wie er sich zur Ein-China-Politik der Bundesrepublik als Dank für Chinas stetige Unterstützung der deutschen Einheit bekannte. Wie er Chinas „verantwortungsvolle“ Politik in der zurückliegenden Asienkrise lobte. Wie er von Peking mehr Engagement bei internationalen Friedensmissionen forderte. Wie er die Entwicklung in Zentralasien und im Kaukasus zu „der Krisenregion der nächsten Jahrzehnte“ beschwor. Wie er schließlich China mahnte, in Asien eigene „kooperative Sicherheitsstrukturen“ zu entwickeln, wie man sie in Europa kenne.

So redete der deutsche Verteidigungsminister in einem fort, und niemand schaute ihn an. Das änderte sich erst bei den Nachfragen. Wie denn die Meinungsverschiedenheiten zwischen Europäern und Amerikanern auf der jüngsten Sicherheitstagung in München zu verstehen seien, wollte ein forscher Volksarmist wissen. Scharpings Antwort: „Die amerikanischen Eltern sehen mit Sorge, dass ihre europäischen Kinder größer werden.“ Und auf einmal entlud sich die steife Saalatmosphäre in einem beherzten chinesischen Offiziersgelächter. Später wurde Scharpings Vortrag vom Gastgeber als humorvoll gepriesen. So reichte ein normal verständlicher Satz nach all den Floskeln, um das Eis zu brechen, das China von Europa trennt. Die Szene zeugte sowohl von der Selbstisolierung Pekings in der internationalen sicherheitspolitischen Debatte als auch von Chinas Sehnsucht, ihr zu entkommen.

Scharpings wichtigstes Thema in China: die amerikanischen Raketenabwehrpläne. Dazu befragte ihn ein weiterer Offizier der Führungakademie, worauf sich der Deutsche alle Mühe gab, die amerikanischen Pläne nicht schönzureden, Chinas Ängste ernst zu nehmen, um zugleich vor überstürzten Reaktionen zu warnen. „Weil die technischen Möglichkeiten noch längst nicht gegeben sind, bleibt genug Zeit zur politischen Diskussion“, tröstete der deutsche Verteidigungsminister eine Volksarmee, die längst auf Gegenmaßnahmen sinnt, um für den Fall einer funktionierenden Raketenabwehr gerüstet zu sein.

Scharping machte den Chinesen ein Zugeständnis. Er ließ „Abrüstung, Rüstungskontrolle“ und eine „aktive Nichtweiterverbreitungspolitik“ als Antwort auf die zunehmende Weiterverbreitung von Atomwaffen und Raketentechnologie gelten, nicht aber die amerikanischen Raketenabwehrpläne. Und er bot sich Peking in dieser Debatte als „Gesprächspartner“ an. Das impliziert noch keine Vermittlerrolle, wie sie Außenminister Joschka Fischer zwischen Moskau und Washington ablehnt. Aber es geht trotzdem in die Richtung.

Den Rest des Tages verbrachte Scharping als Vorsitzender der sozialdemokratischen Parteien Europas mit politischen Organisations- und Gewerkschaftsfragen. In der KP Chinas wird nämlich gerade über den dritten Weg diskutiert. GEORG BLUME

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