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Berlins SPD entzieht sich CDU-Sumpf

Die Berliner SPD will die Spendenaffäre beim Koalitionspartner CDU in einem Untersuchungsausschuss durchleuchten. Sie wirft der Union, die einen brisanten Bericht über den Skandal unter Verschluss hält, mangelnden Aufklärungswillen vor

von RALPH BOLLMANN

Die Berliner CDU-Spendenaffäre hat sich zu einer offenen Koalitionskrise in dem Stadtstaat ausgeweitet. Die SPD gab gestern bekannt, dass sie im Landesparlament die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses beantragen will. Der Landesvorsitzende Peter Strieder sagte, die Berliner CDU habe „ihre Chance verpasst, die Affäre selbst zu bewältigen“. Er werde „nicht zulassen, dass die SPD als Koalitionspartner in Misskredit gebracht werden kann“. Der Ausschuss soll die Vorgänge um eine Parteispende in Höhe von 40.000 Mark aufklären, die der Berliner Banker und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky von zwei Kreditnehmern seines Instituts erhalten hatte.

Die Union hielt einen parteiinternen Bericht zu der Affäre gestern unter Verschluss. „Der Bericht liegt vor“, hieß es noch am Vormittag aus der Kanzlei des Rechtsanwalts Peter Heers, den der CDU-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen mit der Aufklärung beauftragt hatte. Am Nachmittag sagte CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach jedoch, es sei „noch nicht klar, wann der Bericht kommt“. Bei den Christdemokraten war der Tag von hektischen Telefonaten und Krisensitzungen geprägt.

Offenbar hat Heers weitere belastende Umstände zutage gefördert. So soll Landowsky aus der Parteispende einen persönlichen Nominierungsbeitrag für die Wahl zum Abgeordnetenhaus beglichen haben, den die Kandidaten eigentlich aus der Privatschatulle begleichen müssen. Aus Landowskys Kreisverband hieß es, es sei noch „unklar“, für welchen Zweck jene 10.000 Mark bestimmt waren, die der Fraktionschef seiner Parteigliederung am offiziellen Rechenschaftsbericht vorbei zukommen ließ. Ein Sprecher Landowskys erklärte hingegen, der Kreisverband habe einen solchen Nominierungsbeitrag bei Landowsky nie angefordert.

Heers selbst wurde gestern mit den Worten zitiert, er habe „Fehlhandlungen ohne Ende“ festgestellt. Sein Bericht werde „erbarmungslos ausfallen“. Wie Landowsky zu der Erkenntnis komme, es lägen keine Gesetzesverstöße vor, wisse er nicht. Landowsky selbst hatte noch am Dienstagabend einen Beschluss seines Fraktionsvorstandes herbeigeführt, der „einstimmig seine uneingeschränkte Solidarität“ erklärte. Auf die Kritik an seiner Doppelrolle will der Fraktionschef nur mit der Bildung einer Arbeitsgruppe reagieren, die ganz allgemein über die Tätigkeit von Abgeordneten in Unternehmen mit Landesbeteiligung beraten soll.

Bislang hatte es die Berliner SPD abgelehnt, die geplanten Anträge der Oppositionsparteien PDS und Grüne auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu unterstützen. Zur Begründung des Gesinnungswandels führte SPD-Landeschef Strieder einen Brief Diepgens an, der keinerlei Aufklärungsbereitschaft erkennen lasse. Auf die Frage nach einem möglichen Bruch der Koalition sagte Strieder lediglich: „Wir arbeiten darauf nicht hin.“

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