Polizist ist nur „Beiwerk“

Ein Beamter beschlagnahmte die Kamera eines Mannes, der eine Baumfällaktion in Friedrichshain fotografierte. Begründung: Recht am eigenen Bild. Doch bei Personen als „Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“ gilt das eben nicht

von BARBARA BOLLWAHN
DE PAEZ CASANOVA

Inwieweit hat ein Polizeibeamter ein Recht am eigenen Bild? Diese Frage stellt sich in einem Fall, der sich unlängst in Friedrichshain zutrug. Als auf einem Bolzplatz an der Knorrpromenade vor knapp drei Wochen sechs 50 Jahre alte Pappeln gefällt wurden, weil dort ein Spielplatz entstehen soll, fotografierte ein Anwohner den Motorsägeneinsatz. Der 49-jährige Günter M. arbeitet in einem Gartenarchitekturbüro, nennt alte Fotos des Platzes „mit 35 Meter hohen Bäumen“ sein Eigen und bezweifelt, dass die Fällaktion nötig war.

Doch schon nach wenigen Bildern war Schluss. Ein Beamter eines Streifenwagens, der wegen möglicher Proteste vorsorglich vom Grünflächenamt beordert worden war, kam auf Günter M. zugestürzt, als dieser aus großer Entfernung fotografierte. „Ich musste weit weg, um mit meiner alten Canon alles draufzukriegen.“ Der Beamte, so Günter M. weiter, sei auf ihn zugerannt, habe die Arme ausgebreitet und ihn gepackt. Nachdem der Polizist dabei hingefallen war – „Das war ihm sichtlich peinlich“ –, habe er Günter M. die Kamera weggenommen. Begründung: sein Recht am eigenen Bild. Im Protokoll ist zudem die Rede von „Gefahr in Verzug“.

„Es ist unglaublich, dass man im öffentlichen Straßenbereich in so einer Form angegriffen wird“, kritisiert Günter M. Gegen die Beschlagnahme der Kamera samt Film und Objektiv hat er Widerspruch eingelegt. „Im öffentlichen Straßenraum kann jeder Bürger Aufnahmen machen“, so seine Anwältin.

Medienrechtlerin Julia Bezzenberger verweist auf das Kunsturhebergesetz. Nach Paragraf 22 dürfen Bilder zwar nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Doch in Paragraf 23 sind die Ausnahmen geregelt. Danach dürfen Bilder, auf denen Personen „nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen“, verbreitet werden, auch ohne Einwilligung. Das Gleiche gilt für Bilder von Versammlungen oder Aufzügen. Zudem, so die Medienrechtlerin weiter, schütze das Recht am eigenen Bild nur vor Veröffentlichungen. Deshalb sei das Verhalten des Beamten „unverhältnismäßig“.

Auch die Polizeipressestelle kann das Vorgehen des Beamten nicht verstehen. „Dass Polizisten im Einsatz fotografiert werden, gehört zu ihrem Alltag. Dagegen spricht nichts“, meinte eine Sprecherin.