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Sich nicht umarmen lassen

Gern hätte die Polizei gemeinsam mit Atomgegnern die Proteste gegen den kommenden Castor-Transport geplant. Doch die wollen nicht

aus Hannover JÜRGEN VOGES

Vier Wochen vor dem „Tag X“, vor dem nächsten Castor-Konvoi nach Gorleben, wirft die Wiederaufnahme der Atommülltransporte ihre Schatten voraus: Mit dem Symbol des Castor-Widerstands, dem großen X, protestierten gestern sowohl die Mitarbeiter von Greenpeace Deutschland als auch anonyme hessische AKW-Gegner gegen weiteren Atommülltourismus. Im Hessischen wurden gestern Morgen auf den Bahnstrecken von Darmstadt nach Aschaffenburg und von Hanau nach Friedberg brennende Blockaden entdeckt, neben die das gelbe X gesprüht war. Die Mitarbeiter von Greenpeace Deutschland nutzten derweil einen Betriebsausflug in das Wendland, um am Bahnhof Dannenberg aus 3.000 Quadratmeter Stoff ein wirklich riesenhaftes X zu gestalten.

Keine Zusammenarbeit

Zu Wort meldeten sich aber auch die Hauptakteure der bevorstehenden Anti-Castor-Aktionen. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg lehnte nach einer dreistündigen öffentlichen Diskussion mit Polizeivertretern ab, ihre Proteste gemeinsam mit dem Ordnungskräften vorzubereiten. „Es gibt keine Zusammenarbeit mit der Polizei“, bekräftigte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: „Die Polizei selbst ist Konfliktpartei.“ Das Ziel der Beamten sei es lediglich, den Castor durchzubringen. Zudem wolle sich die Staatsmacht entgegen der Wünsche von Atomgegnern anonym halten – die Beamten werden also keine Namensschilder oder Nummern tragen, was die Identifikation von unverhältnismäßig agierenden Polizisten ermöglicht hätte. Außerdem habe sich die Polizeiführung geweigert, eine Gewaltverzichtserklärung abzugeben. Die Folge: Über die bei jeder Demonstration übliche Information bezüglich der Route hinaus werde es keinen Informationsaustausch geben.

Die Vorbereitungen für die Proteste gegen den in der letzten Märzwoche erwarteten Transport von sechs Behältern mit WAA-Müll aus Frankreich laufen Ehmke zufolge auf vollen Touren. Diesmal wollen die wendländischen AKW-Gegner ihre fantasievollen und friedlichen Blockadeaktionen nicht allein auf die letzte Etappe der Castor-Strecke, auf den Straßentransport vom Bahnhof Dannenberg nach Gorleben, konzentrieren. Die Blockadeaktionen würden bereits auf der rund fünfzig Kilometer langen Bahnlinie zwischen Lüneburg und Danneberg beginnen, sagte Emhke. Entlang dieser Bahnlinie seien sechs Widerstandscamps geplant.

Das erste Camp gleich hinter Lüneburg will die Aktion „X-tausendmal quer“ aufbauen, die gestern auch schon ihr Blockadekonzept präsentierte. Die Aktivisten, die bei „X-tausendmal quer“ eine Absichtserklärung unterschrieben haben, wollen sich bei dem Dorf Wendisch Evern auf die Gleise begeben. Angaben ihres Sprechers Jochen Stay zufolge hat die Aktion diesmal bereits 4.200 Absichterklärungen gesammelt, mit denen sich die Unterzeichner zu entschiedenen, aber gewaltfreien Blockadeaktionen verpflichten. Bei dem letzten Castor-Transport im Jahre 1997 kamen lediglich 2.500 Erklärungen zusammen. Seinerzeit beteiligten sich über 5.000 AKW-Gegner an der großen Straßenblockade bei Dannenberg, für die „X-tausendmal quer“ allerdings nicht allein mobilisiert hatte.

Kundgebung in Dannenberg

Blockaden der Straße zwischen Dannenberg und Gorleben soll es auch Ende März wieder geben, wenn der Atommüll aus Frankreich nach Gorleben rollt. In der Diskussion sei, zu einer Kundgebung nach Dannenberg aufzurufen, wenn der Castor-Transport bis zum Dannenberger Bahnhof durchgekommen sei, sagte BI-Sprecher Ehmke. An die Kundgebung sollten sich eine Demonstration und weitere Blockadeaktionen auf der Straße anschließen.

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