piwik no script img

Frauenfolter amtlich gedeckt

Amnesty International legt Studie über Folter und Misshandlung von Frauen vor. Weltweit dulden Regierungen Gewalt von Beamten, Soldaten und Angehörigen. Auch westliche Staaten angeklagt

BERLIN taz ■ Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) fordert, Frauen und Mädchen wirksamer vor Folter zu schützen. Staatlichen Organen, aber auch Regierungen auf der ganzen Welt warf Amnesty-Generalsekretärin Barbara Lochbihler gestern vor, Gewalt gegen Frauen nicht nur „schweigend und gleichgültig“ hinzunehmen, sondern zu decken. Diese Anklage folgt aus einer gestern vorgestellten Studie, in der Folter und Misshandlung von Frauen weltweit dokumentiert sind. Sie erscheint anlässlich des Frauentages am 8. März.

Völkerrechtlich, so AI, sei der Staat auch dann für Folter verantwortlich, wenn er nichts unternehme, um dieser ein Ende zu bereiten – unabhängig davon, ob der Folterer Beamter, Soldat, Nachbar oder Familienangehöriger sei. So habe auch der Europäische Gerichtshof 1998 entschieden, dass die britische Regierung gegen die Menschenrechtskonvention verstoße, weil ihre Gesetze Kinder nicht ausreichend schützten. Im betreffenden Fall war ein Neunjähriger von seinem Stiefvater gezüchtigt worden.

Großbritannien ist nicht das einzige westliche Land, aus dem AI in der Dokumentation „Geschundene Körper – zerschundene Seelen“ Berichte vorlegt. In den USA gehört laut AI sexueller Missbrauch zu den gängigen Foltermethoden im Gefängnis; ferner würden zahlreiche Frauen als Zwangsarbeiterinnen gehalten. Bis zu 50.000 Frauen und Kinder würden jährlich in die USA verkauft. In Großbritannien wurden laut AI zwischen 1987 und 1998 mehr als 2.000 Fälle dokumentiert, in denen Hausangestellte misshandelt wurden. „Rund um den Erdball“, so Amnesty International, kämen „Regierungen ihrer Verpflichtung, missbrauchten Frauen Rechtsschutz zu gewähren, nicht nach.“

Besonderes Augenmerk legt der Bericht auf die Bedeutung sexueller Folter im Krieg und als Instrument politischer Unterdrückung sowie auf das allerorten gängige „Ehrkonzept“: „In nahezu allen Teilen der Welt wird Mädchen und Frauen jeden Alters im Namen der Ehre Gewalt angetan.“

Zur Bekämpfung des Folterns von Frauen hat AI einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dieser reicht von der Forderung nach deutlicher Ächtung jeder Gewalt über eine verbesserte Dokumentation und gezielte Kampagnen bis zur Bereitstellung speziell geschulten Personals in Polizei, Justiz und Krankenhäusern. JEANNETTE GODDAR

brennpunkt SEITE 3, meinung SEITE 11

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen