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Zeigt her eure Schuh

Passagiere der Englandfähren müssen seit gestern durch die Desinfektion  ■ Von Heike Dierbach

Wenn der Presserummel nicht wäre, würde man die grüne Matte kaum bemerken. Quer über den Gang zwischen Gangway und Zoll liegt sie und verströmt einen schwachen Geruch nach Desinfektionsmittel: Die Hygiene-Mauer Hamburgs gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS). Seit gestern müssen alle Passagiere der England-Fähren ihre Schuhsohlen auf dem mit Ameisensäure getränkten Kunstrasen desinfizieren.

Als die „Admiral of Scandinavia“ aus Harwich kurz nach 13 Uhr einläuft, wird noch diskutiert, wo die Matte hin soll. Direkt vor die Gangway? „Da können die Leute dran vorbeilaufen“, fürchtet Heiko Hellmer, Geschäftsführer der Reederei DFDS Seaways. Also in den überdachten Gang. Schnell bildet sich vor der Matte eine Schlange. Aber die Passagiere haben Verständnis, alle wissen Bescheid, keiner hat – nach eigenen Angaben – tierische Produkte dabei. Christine Kühnel kehrt gerade von einem halben Jahr in der Nähe von Brighton zurück. Die 19-Jährige aus Sparrieshoop (bei Elmshorn) hat dort gekellnert, wollte nach dem Abi mal ins Ausland. „Die Vorschriften wegen der Krankheit sind schon einschränkend“, erzählt sie. Man darf die Straßen nicht mehr verlassen, keine Wanderwege benutzen. Urlaub in England? „Das ist zur Zeit nix.“

Das bekommt auch die DFDS Seaways zu spüren: Die Buchungen für die Englandfähren sind um 25 Prozent zurückgegangen, sagt Hellmer. Fatal sei, dass viele Leute gerade jetzt ihren Sommerurlaub planen. Da schneidet das United BSE-and-MKS-Kingdom zurzeit ganz schlecht ab. Pamela Wagner lässt sich davon allerdings nicht beirren. Die Seevetalerin ist eingefleischter England-Fan, „wegen der schönen Landschaft“. Diesmal kehrt sie von einem Kurztrip nach Colchester zurück. „Da hat man überhaupt nichts von der Krankheit gemerkt.“

Kopfschütteln löst bei einigen Reisenden die Tatsache aus, dass Auto-Passagiere zwar ihr Fahrzeug, nicht aber ihre Schuhe desinfizieren lassen müssen. „Das ist doch 'ne Lachnummer“, sagt Volkmar von Schönberg aus Ostwestfalen. Die nächste Stufe der Kontrolle wäre, alle Kleider zu desinfizieren, sagt Stefan Marks, Pressesprecher der Gesundheitsbehörde, der ebenfalls vor Ort ist. Das sei aber derzeit nicht geplant. Hundertprozentige Sicherheit würde man nur durch eine Quarantäne erhalten. Das hieße: Keinerlei Personen- und Frachtverkehr mehr zwischen England und Hamburg.

Unterdessen hat der dänische Zoll begonnen, an seiner Grenze zu Deutschland alle Fleisch- und Milchprodukte zu beschlagnahmen. Urlauber, die in Ferienhäuser fahren, sollten keine Lebensmittel mitnehmen. Auch Brummi-Fahrer sollten ihren Kühlschrank „vorher leer essen“. Das Einfuhrverbot ist zunächst befristet bis Ende März.

Für den unter MKS-Verdacht stehenden Schweinemastbetrieb in Nordfriesland hat das Kieler Landwirtschaftsministerium gestern vorsichtig Entwarnung signalisiert. In den 60 Blutproben wurden keine Antikörper gegen MKS festgestellt.

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