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Die Vorkämpferin

Die Sambierin Florence Mumba urteilt beim UN-Tribunal über jugoslawische Kriegsverbrecher

von DOMINIC JOHNSON

Die einzige Richterin am Internationalen Kriegsverbrechertribunal für Exjugoslawien in Den Haag hat eine steile Karriere hinter sich. 1997 wurde Florence Ndepele Mwachande Mumba Mitglied des Obersten Gerichts in ihrem Heimatland Sambia; im gleichen Jahr wurde sie schon Richterin in Den Haag, und 1999 wurde sie Vizepräsidentin des Tribunals. Als einzige Frau unter 14 Richtern wurde sie jetzt auf ihrem Posten bestätigt – als letzte der 25 Kandidaten, im siebten Wahlgang.

1948 in der Bergbaustadt Mufulira geboren, hat sich Mumba in Sambia einen Namen als Verteidigerin von Frauen- und Bürgerrechten einen Namen gemacht. Sie vertrat ihr Land bei der Weltfrauenkonferenz von Nairobi 1985. In Sambia war sie von 1989 bis zu ihrer Ernennung zur Obersten Richterin 1997 Ombudsfrau. Damit war sie für das Weiterleiten von Bürgerbelangen ausgerechnet in der Zeit der Demokratisierung Sambias in den frühen 90er-Jahren zuständig – eine Erfahrung, die sie Unerschrockenheit gelehrt hat. Mit der demokratischen Regierung von Präsident Frederick Chiluba in Sambia, die nach zehn Jahren Amtszeit immer autoritärer wird, legte sie sich nach ihrer Ernennung zum Obersten Gericht 1997 an, als sie den Vorsitz einer unabhängigen Medienkommission übernahm.

Beim Den Haager UN-Tribunal hat sie sich erfolgreich darum bemüht, die Anerkennung von sexueller Gewalt als Kriegsverbrechen durchzusetzen – ein Anliegen, das sie bereits früher als Mitglied einer UN-Frauenkommission vertreten hatte. 1998 leitete sie den Prozess gegen einen bosnischen Kroaten, der während des Bosnien-Krieges den sexuellen Missbrauch eines Kriegesgefangenen nicht verhindert hatte. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. Zuletzt leitete Mumba einen historischen Prozess gegen drei bosnische Serben wegen systematischer Vergewaltigung gefangener Bosnierinnen. Er ging im Februar mit Haftstrafen von 12, 20 und 28 Jahren zu Ende. Der so genannte Foca-Prozess war der erste Kriegsverbrecherprozess, in dem sexuelle Gewalt gegen Frauen als alleiniger Anklagepunkt zur Verhandlung stand.

Althergebrachte Argumente wie die, dass Vergewaltigungsopfer wegen Traumatisierung keine verlässlichen Zeugen seien, wischte Richterin Mumba bei diesem Prozess beiseite. Die Lobbygruppe „Frauenversammlung für Geschlechtergerechtigkeit“ begrüßte Mumbas Wiederwahl: „Ohne sie wären Verbrechen gegen Frauen wahrscheinlich ungesühnt geblieben.“

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