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Mit vielen Frauen im Rücken könnte es gehen ...

■ Soli-Veranstaltung für Bremer Vergewaltigungsopfer in der Roten Flora mit Meshpokhe Mina, Kokoschka Heroine und anderen

Die geschlechtliche Identität – als grundlegender Bestandteil der Persönlichkeit – ist bei der Arbeit noch nie vor der Tür geblieben. Gelegentlich kommt sie in den unpassendsten Momenten öffentlich hervor und feixt. In den institutionellen Verfahrensweisen spielt sie immer eine Rolle, auch wenn ihr keine performance-Einlage zugestanden werden soll. Ein heftig umstrittener Vergewaltigungsprozess vor dem Bremer Landgericht vergegenwärtigt das wieder. Polemisch ist deswegen bei vielen ZuschauerInnen auch von einem Hexenprozess die Rede.

Nach Informationen der taz bremen wurde im letzten Sommer eine Studentin morgens im Bremer Os-tertorviertel mehrfach vergewaltigt. Zwei Tatverdächtige waren schnell gefasst. Im anschließenden Prozess hätten die Verteidiger der beiden Angeklagten alle Register gezogen, um die Glaubwürdigkeit des Opfers zu hinterfragen. Die Ermittler hatten zuvor hingegen keinerlei Zweifel, dass eine Vergewaltigung stattgefunden hatte. Die klassische Unterstellung der Verteidigung: Das könnte auch freiwillig geschehen und der Vorwurf gelogen sein.

Ein medizinischer Gutachter wurde vom Gericht für befangen erklärt, nachdem er gar über die „Schuldfähigkeit“ der Nebenklägerin orakelt hatte. Die Haftbefehle gegen die Angeklagten wurden mittlerweile aufgehoben, da es der Nebenanklagevertretung nicht gelungen war, formale Widersprüche zum Tathergang zu klären.

Viele ZuschauerInnen sollen den Prozess mit fortschreitender Dauer als unerträglich empfunden haben. Der Verteidigung wird eine systematische Demontage der Nebenklägerin vorgeworfen. Empört wurde zudem eine Männerkumpelei zwischen Richtern und Verteidigern wahrgenommen. Vornehmlich die junge Staatsanwältin sei unnötig herablassend belehrt worden, wobei sich die männlichen Rechtsvertreter – als alte Hasen im Metier – kumpelhaft zugegrinst hätten.

Die Frauen/Lesben-Gruppe der Roten Flora veranstaltet aus diesem Anlass heute abend eine Solidaritätsparty für die Nebenklägerin des Prozesses. Musikalische Unterstützung werden die Gruppen Meshpokhe Mina, Kokoschka Heroine und Rhythm King & her friends bieten. Meshpokhe Mina spielen Klezmer, traditionelle jüdische Musik mit Mandoline, Akkordeon, Klarinette und Gesang. Kokoschka Heroine nennen ihre Musik Apos-tel-Core und Rhythm King & her friends machen als Nachfolge-Band von Miyax experimentellen Punk. Nach dem Konzert werden Djanes am Plattenteller den weiteren Abend gestalten, an dem ausdrücklich nur Frauen/Lesben erwünscht sind. Sebastian Schinkel

Soli-Veranstaltung, nur für Frauen/Lesben, heute, 21 Uhr, Rote Flora

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