: Teure CDU-Party vor der letzten Wahl
■ 150.000 Mark hat die feierliche Einweihung des Bremer Bahnhofsvorplatzes im Juni 1999 gekostet – eine große CDU-Wahlparty, argwöhnen die Grünen
Was war das für eine Party, damals im Mai 1999 auf dem Bahnhofsvorplatz. Musik, Sekt, Würstchen, Bier, Freude überall. 150.000 Mark hat das Ganze gekostet – und das sind nur die Landesmittel, der Bauunternehmer hat auch noch etwas dazugetan. Jetzt machen die Grünen den posthumen Spaßverderber: Sie werfen dem damaligen Bausenator und heutigen Innensenator Bernt Schulte (CDU) vor, die rauschende Einweihung des 65 Millionen Mark teuren Platzumbaus sei in Wahrheit die „teuerste CDU-Wahlkampfveranstaltung aller Zeiten“ gewesen. Denn zwei Wochen später, im Juni 1999, war Landtagswahl.
Anlass für das gestrige grüne Auftrumpfen contra Schulte war eine Anfrage vom Februar. Die Grünen wollten wissen, was das Land so ausgebe für Spatenstiche, Einweihungen, Richtfeste. Seit gestern liegt die Antwort vor. Die Bahnhofs-Sause stellt alles andere in den Schatten. Der Spatenstich am Hemelinger Tunnel im April '99 – sechs Wochen vor den Wahlen – hat rund 77.000 Mark gekos-tet, beim „Ersten Rammschlag“ für das CT III kam das Land mit nur 8.000 Mark davon – den Rest zahlte der Bauunternehmer. Auch die Messehallen-Eröffnung kostete nur knapp 19.000 Mark.
Warum also war die Vorplatz-Feierei so teuer? Die einzelnen Posten belaufen sich auf rund 15.000 Mark für Werbung, auf 27.000 Mark für Catering, auf 53.000 Mark für den „kulturellen Rahmen“, auf 29.000 Mark für „Organisation pauschal“, auf knapp 25.000 Mark für Sonstiges. All das Geld für Bühne, Equipment, für Lautsprecher, für Aktionskünstler, Zauberer, Moderatoren, für Kinderunterhaltung, für Luftballons, für Kabel, für Blumen, für Tischchen, für Stühle, für Sekt, für transportable Toiletten undundund. Ein Fest dieser Größe kostet so viel – das ist nicht die Frage. Nur ob diese Größe tatsächlich sein muss – darum geht es.
Ja, erklärte gestern Innensenator Bernt Schulte. Als „Dankeschön“ habe er dieses immerhin einen ganzen Tag lang währende Fest gemeint, für die Menschen, die die Mammut-Baustelle ertragen haben. Die Fete sei weder für ihn als Senator noch für seine Partei arrangiert worden, sondern für die Bevölkerung. Und der Termin zwei Wochen vor der Wahl hänge mit dem raschen Baufortschritt und der Fertigstellung zusammen.
Der baupolitische Sprecher der CDU, Helmut Pflugradt, sekundiert ihm. Diejenigen, die heute laut schrien, erinnerten sich offenbar nicht mehr, dass die Bauzeit der Linie 4 kürzer war als angenommen, weshalb auch der Bahnhofsvorplatz schneller fertig werden musste. Weshalb wiederum die Party schließlich früher steigen konnte. Und auch die Kosten seien kein Geheimnis. Pflugradt gen Grüne: „Guten Morgen. Tolle Leistung, dass ihr das jetzt schon gemerkt habt.“ Er habe mit noch höheren Kosten gerechnet. „Andere Städte machen da noch viel mehr.“
Das findet sein Fraktionskollege und -vorsitzender Jens Eckhoff auch. Allein die 29.000 Mark „Organisation pauschal“, Honorar für die Veranstaltungsagentur, mögen etwas hoch sein. Überdies habe die Angelegenheit „keine Auswirkung auf die Position von Herrn Schulte“.
Ralf Thesing vom Bund der Steuerzahler findet 150.000 Mark schon „ein deutliches Wort“. Die Summe lasse die Vermutung zu, „dass hier zu viel und zu teuer bewirtet wurde“.
Die Grünen rechnen unterdes noch weiter. „Happiges Häppchen“, nennt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner das Fest, „vor allem wenn man bedenkt, dass ein Jahr später das teure Granitpflaster schon wieder kaputt gegangen war und für zusätzlich vier Millionen Mark Steuergelder gegen schnöden Asphalt ausgetauscht werden musste.“ Sparen predigen und selber prassen – so der grüne Kommentar. Nun soll der Rechnungshof die Feier-Ausgaben überprüfen. sgi
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen