: Mit einem Bremser als Chef
Christine Whitman muss sich für die von US-Präsident Bush ungeliebte Umwelt einsetzen
von ULRIKE KLODE
Unter George W. Bush für die Umwelt zuständig zu sein, ist nicht so einfach. Das hat Christine Whitman in den vergangenen Tagen zu spüren bekommen. Die Chefin der US-Umweltbehörde hatte in einem Memo dem Präsidenten die weltweite Klimaveränderung besonders ans Herz gelegt: „Ich würde empfehlen, dass Sie die globale Erwärmung als eine wirklich ernste Angelegenheit betrachten.“ Und das nur Tage ehe Bush ankündigte, den Kohlendioxidausstoß von amerikanischen Kraftwerken nicht zu beschränken. Damit machte er klar, dass er das Klimaprotokoll von Kioto nicht umsetzen will.
In einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN sagte die Republikanerin Whitman zwar, dass ihre Behörde an dieser Entscheidung beteiligt worden sei. Der demokratische Senator John F. Kerry dagegen schätzt die Situation anders ein: „Ich glaube, die Regierung hat Christies Autorität untergraben.“
In den ersten zwei Monaten, seit sie das Amt der Leiterin der Umweltschutzbehörde am 31. Januar übernommen hat, ist die Mutter von zwei Kindern eher engagiert an ihre neue Aufgabe herangegangen. Sie hatte etwa angekündigt, die Grenzwerte für den Schwefelgehalt im Diesel für Lastwagen und Busse zu verschärfen. In ihrem vorigen Job, als republikanische Gouverneurin des Bundesstaats New Jersey, hatte sie sich auch für den Umweltschutz eingesetzt. So kann sie es sich auf die Fahnen schreiben, dass die Küste in New Jersey sauberer geworden ist.
Eigentlich ist sie aber eher Verwalterin als Umweltschützerin: Sie hat in Massachusetts das Fach „Government“ studiert – öffentliche Verwaltung und Politik. Danach leitete Whitman verschiedene Behörden, bevor sie in ihrem Heimatstaat New Jersey zur Gouverneurin gewählt wurde.
Nach Bushs Aufkündigung des Kioto-Protokolls beeilte sich das Weiße Haus zu erklären, dass Whitman trotz der Differenzen über Kohlendioxidemissionen ein einflussreiches und effektives Mitglied der Regierung bleibe. So ganz spurlos ging die Sache aber doch nicht an Whitman vorbei: Nach Bushs Ankündigung verschwand sie erst einmal für einige Tage aus der Öffentlichkeit und öffnete damit Rücktrittsgerüchten Tür und Tor. Bei ihrem ersten Auftritt danach verteidigte sie ihren Präsidenten aber wieder brav. Und von Rücktritt sei natürlich nie die Rede gewesen. Eins hat sie offenbar gelernt aus der Sache: „Demokratie ist nicht immer schön“ – diese Weisheit teilte sie Jugendlichen mit. Besonders wenn die Lobby der Industrie stark ist.
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