: Grüne: Kinder und Rinder
Parteichef Fritz Kuhn fordert im taz-Interview klare Botschaften der Grünen. Neben der Ökologie und dem Verbraucherschutz sollte sich die Partei auf die Kinder- und Familienpolitik konzentrieren
BERLIN taz ■ Auf der Suche nach einer neuen, positiven Botschaft an die Wähler entdecken die Grünen ihre Liebe zu den Kindern. Parteichef Fritz Kuhn fordert im taz-Interview die Grünen dazu auf, eine Offensive für mehr Kinderfreundlichkeit in Deutschland zu starten: „Dazu gehören eine größere finanzielle Unterstützung, die Verbesserung der Infrastruktur für Familien sowie eine Veränderung der Werteinstellung gegenüber Kindern.“
Für dieses Thema seien die Grünen wie geschaffen, sagte Kuhn. Er machte deutlich, dass seine Partei klare Botschaften brauche und sich auf einige wenige Themen konzentrieren müsse. Neben der Ökologie und dem Verbraucherschutz gehöre dazu vor allem die „Kinderpolitik“. Er nannte darüber hinaus die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch grüne Wirtschafts- und Sozialstaatsreformen.
Kuhn forderte außerdem, das Zentrum der Partei zu stärken. „Die Grünen denken noch zu sehr in Strömungskategorien“, sagte er. In der Partei gebe es gar nicht mehr die inhaltlichen Auseinandersetzungen, die diese Strömungen rechtfertigen würden. Dadurch wirkten die Strömungen nur noch wie Versorgungsinstitutionen für grüne Politiker, die was werden wollen.
Unterstützung für die grüne Neuausrichtung auf die Kinder- und Familienpolitik erhält Kuhn von mehreren Politikern aus den eigenen Reihen. Katrin Göring-Eckardt, die parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, forderte in der FAZ „radikale Vorschläge“ in der Familienpolitik. „Wir wollen, dass das Leben mit Kindern gefördert wird“, sagte sie. Man könne zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf bestimmte Artikel wie Kleidung, Babynahrung oder Windeln ermäßigen, so Göring-Eckardt. Außerdem könnten bedarfsdeckende Gutscheine ausgegeben werden, die die Eltern in Schulen oder Horten einlösen könnten. Göring-Eckardt unterstützte den Vorschlag des grünen Umweltminister in Schleswig-Holstein, Klaus Müller, der eine kostenlose Versorgung mit Kindergartenplätzen angeregt hatte.
Die Sozialexpertin der grünen Bundestagsfraktion, Ekin Deligöz, sagte der Welt am Sonntag, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung solle zum Anlass genommen werden, sämtliche Sozialversicherungsbeiträge auf ihre Familienfreundlichkeit zu überprüfen. Sie regte eine Staffelung der Beiträge nach der Zahl der Kinder an. Die niedrigeren Lohnnebenkosten wären für die Arbeitgeber ein „massiver Anreiz für die Einstellung von Arbeitnehmern mit Kindern“. Auch der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfamilienministerium fordert laut Spiegel eine komplette Neuausrichtung der Familienpolitik. JENS KÖNIG
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