: Schon 13 Tote bei Hungerstreik
In der Türkei ist kein Ende des Todesfastens in Sicht. Der Justizminister bleibt weiter stur und weigert sich, mit den Hungerstreikenden oder ihren Angehörigen zu sprechen
ISTANBUL taz ■ Im Gefängnis von Izmir ist gestern Morgen der 13. Gefangene an den Folgen seines Hungerstreiks gestorben. Der 41-jährige Sedat Gürsel Akmaz war Mitglied der Revolutionären Volksbefreiungsfront DHKP-C. Vor ihm starben an den Ostertagen drei weitere Hungerstreikende. Darunter war ein 19-jähriges Mädchen. Es hatte außerhalb des Gefängnisses aus Solidarität mit seinem inhaftierten Bruder und Onkel mitgehungert.
Die Vorsitzenden der Anwaltskammern von Istanbul, Izmir und Ankara forderten die Regierung auf, dem Sterben in den Gefängnissen nicht länger tatenlos zuzusehen. Auch der Menschenrechtsverein IHD forderte den Justizminister auf, das Gespräch mit den rund 300 Hungerstreikenden wieder aufzunehmen, damit nicht noch mehr sterben. Nach Einschätzung von Ärzten sind mehrere Dutzend Häftlinge unmittelbar vom Hungertod bedroht. Der Justizminister weigert sich seit Tagen, mit Angehörigen oder Anwälten der Gefangenen zu sprechen. Stattdessen ließ er mitteilen, Konzessionen an die Häftlinge kämen nicht in Frage.
Der Hunggerstreik der Häftlinge, die verschiedenen linken Organisationen angehören, richtet sich gegen ihre Verlegung in neue Hochsicherheitsgefängnisse, so geannte F-Typen. Dort sollen sie in Einzel- bis maximal Dreierzellen untergebracht werden. In den alten Gefängnissen sind in der Regel 50 bis 100 Gefangene in einem Trakt untergebracht. Die Häftlinge fürchten, in den neuen Gefängnissen Folter und Misshandlungen willkürlich ausgeliefert zu sein.
Seit der zwangsweisen Verlegung von 1.000 Häftlingen Ende Dezember berichten diese immer wieder von Schlägen und Schikanen. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die Kleinzellen als Isolationshaft. Die Regierung begründet die Gefängnisreform damit, dass die bisherigen großen Säle schwer zu kontrollieren seien. Oft seien sie als Trainings- und Rekrutierungslager benutzt worden und hätten Gewalttätigkeiten und Geiselnahmen in den Haftanstalten begünstigt.
JÜRGEN GOTTSCHLICH
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