: Zahnloser Tiger oder tragbarer Kompromiss?
■ Neues Naturschutzgesetz räumt Verbänden Klagemöglichkeiten ein – aber nicht immer
Im neuen Naturschutzgesetz des Senates, das gestern in der Bürgerschaft verabschiedet wurde, wird den Umweltverbänden das Recht eingeräumt, gegen Naturzerstörung zu klagen. Für Großprojekte wie die Erweiterung des DASA-Werks in Finkenwerder gilt das allerdings nicht, und daher lagen die Bürgerschafts-Debatten um die Zukunft Neuenfeldes und die Novellierung des Naturschutzgesetzes nicht rein zufällig direkt hintereinander in der gestrigen Tagesordnung.
Für die CDU und den Regenbogen macht der Senat in Neuenfelde in „Geheimhaltungsdiplomatie“, wie der CDU-Abgeordnete Stefan Schulz formulierte. „Alle Fakten müssen auf den Tisch“ verlangten Schulz und Regenbogen-Abgeordneter Norbert Hackbusch fast unisono. Die Wirtschaftsbehörde halte jedoch eine „Salami-Taktik“ dagegen. Die NeuenfelderInnen seien völlig verunsichert, was aus ihrem Dorf nach der Airbus-Erweiterung bleiben werde, diagnostizierte Hackbusch. Alle EinwohnerInnen gingen inzwischen von einer Verlängerung der Landebahn aus, nur der Senat rücke nicht raus damit. „Es geht für die NeuenfelderInnen schließlich um alles – sie haben ein Recht darauf zu erfahren, wie sich der Senat ihre Zukunft vorstellt.“
Es sei „wichtig, die Sachlage zu kläre“, verlangte auch GAL-Fraktionschefin Antje Möller, denn das bisherige Bild biete nur „Stückwerk“. Sie wies ebenso wie Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) Vorwürfe zurück, es gebe im Senat „Geheimpläne“, das Dorf zu Gunsten des Airbusses platt zu machen. „Es liegen alle Planungen auf dem Tisch, sofern sie bekannt sind“, sagte Mirow. Erneut schloss er eine Verlängerung der Landebahn nicht aus, „wenn die Notwendigkeit technisch begründet ist“.
Dass Umweltverbände gegen so etwas auch künftig nicht juristisch vorgehen können, mache das neue Naturschutzgesetz zum „zahnlosen Tiger“, befand Regenbogen-Sprecherin Heike Sudmann. Dagegen verteidigte Möller das Gesetz als „tragbaren Kompromiss“. Dass die GAL nicht alle ihre Wünsche verwirklicht sehe, solle nicht dazu führen, „die ganze Novelle herabzuwürdigen“.
Aus Sicht der CDU ist vieles, was im Gesetz drinsteht, ohnehin „ideologischer Quatsch“. Hamburg werde künftig Wirtschaftsfeindlichkeit ausstrahlen, prognostizierte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Hartmut Engels. Die Hafenwirtschaft kann sich von solchen Horrorbildern nicht angesprochen fühlen, denn der Hafen bleibt von Eingriffen auch mit dem neuen Gesetz weitgehend verschont. Barbara Vogel (SPD) feiert es immerhin als Erfolg, dass das Hafenprivileg „erstmals ein bisschen angekratzt“ werde. Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen