einsatzstrategie: Heraus zum 1. Mai 2002!
Es fällt uns, zugegeben, schwer, aber an dieser Stelle ist ein ganz dickes „’tschuldigung“ angebracht! Herr Innensenator Werthebach, wir wissen selbst nicht, ob uns die feuchte Kreuzberger Luft die Sinne vernebelt hat, aber Sie hatten natürlich Recht: Ihre Eskalationsstrategie für den 1. Mai war ein voller Erfolg! Blind waren wir, denn tatsächlich war es ein wunderbarer Sonnentag. Danke dafür! Und ganz ausgezeichnet finden wir Ihre Idee, nächstes Jahr genauso vorgehen zu wollen. So ausgezeichnet, dass wir Ihnen hiermit ein paar Vorschläge machen, damit der 1. Mai 2002 wirklich schläfrig-ruhig wird.
Kommentar von PHILIPP GESSLER
1. Lassen Sie schon zwei Wochen vor dem 1. Mai ganz Kreuzberg – und vielleicht Friedrichshain und Prenzlauer Berg – hermetisch absperren: Das erhöht die Vorfreude, und man kommt sich näher.
2. Verdoppeln Sie die Zahl der eingesetzten Polizisten auf 18.000. Dann haben alle mehr Zeit – etwa für Spielchen wie Räuber und Gendarm.
3. Verteilen Sie an Beamte und die wenigen Protestler ein paar Badeenten für die Schlachten nach dem Wasserwerfereinsatz: Das macht Spaß, denn wir sind doch eigentlich alle nur große Kinder.
4. Bieten Sie Gesprächskreise an nach dem Schlüssel „50 Polizisten auf einen Demonstranten“. Dann wird man schöne Sätze hören wie: „Du, ich kann das voll verstehen, dass du irgendwie Bulle bist“ oder: „Ich habe auch mal ein Bier getrunken.“ Das verbindet.
5. Treten Sie selbst in lockerem Hawaiihemd, Shorts und Badeschlappen als Maître de Plaisir auf. Denn etwas Koordination bei diesem lustigen Spiel sollte schon sein.
Mit dieser Strategie, das versprechen wir, wird der 1. Mai immer weniger ein Problem werden – bald werden es alle Gewalttäter so uncool finden, dorthin zu strömen, dass sich das Randaleproblem der Vergangenheit von selbst löst. Sie haben dann gleich zwei Probleme weniger: Die Kreuzberger Maifestspiele werden sich zur wahren Love Parade entwickeln. Und der Tiergarten hat endlich seine Ruhe.
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