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Erstaunliche Nähe zwischen Süssmuth und Müller

Festhalten am Asylrecht, keine Gesamtquote für Zuwanderer: Nach dem Kurswechsel der CDU zeichnet sich ein Konsens mit der Einwanderungskommission der Regierung ab

BERLIN taz ■ Die eigentliche Entscheidung fiel vor rund eineinhalb Wochen. Da einigten sich CSU-Chef Edmund Stoiber und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel darauf, am jetzigen Grundgesetzartikel 16 a „vorläufig“ nicht zu rütteln. Durchgesetzt hatte sich damit jene Linie, die Merkel in enger Abstimmung mit dem Vorsitzenden der CDU-Zuwanderungskommission, Peter Müller, verfochten hatte – das Thema seines emotionalen Kerns zu berauben.

Die neue Sichtweise der CDU ist nicht zuletzt das Verdienst des Saarländers Müller. Einst hatte er die Abkehr von der Kohl-Ära in der Zuwanderungsdebatte eingeleitet: Der Satz, Deutschland sei kein Einwanderungsland, sei so unhaltbar „wie die Behauptung, die Erde sei eine Scheibe“. Flankiert wurde die Arbeit der CDU-Kommission durch den Vizefraktionschef Wolfgang Bosbach. Immer wieder hatte der Jurist aus dem Rheinland seine Partei vor mancher Sackgasse bewahrt. Beharrlich arbeitete er daran, den Blick von einer Gesamtquote für Zuwanderer ebenso wegzuleiten wie von einer Änderung des Asylrechts.

In den CDU-Positionen taucht beides nicht mehr auf. Stattdessen gibt es eine Reihe nuancierter Anmerkungen. Das Asylverfahren soll „zügig“ durchgesetzt werden, möglichst binnen eines Jahres. Verzichtet wurde insbesondere auf die Einsetzung eines Beschwerdeausschusses. Dieser hätte, an Stelle eines Gerichtes, über einen abgelehnten Asylbewerber entschieden. Jetzt soll es beim Verwaltungsgericht bleiben, wobei gewünscht wird, dass der Klageweg auf eine Instanz beschränkt bleibt.

Die Abkehr in diesem Punkt sei „ein erstaunlicher Lernprozess“, sagte gestern der Grüne Ralf Fücks, Mitglied der von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) eingesetzten Einwanderungskommission unter dem Vorsitz der früheren Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). Allerdings sei auch die Einschränkung des Klagewegs nicht akzeptabel. Es dürfe kein „Recht zweiter Klasse“ für Flüchtlinge geben. Auch die ursprünglich von Teilen der Union erhobene Forderung nach einer Gesamtquote sei „von Anfang an ein populistischer Irrläufer“ gewesen. Man könne nicht im Falle eines gewaltsamen Konflikts in Europa, der eine neue Fluchtwelle auslöse, Bürgerkriegsflüchtlinge mit einer Gesamtquote verrechnen und damit die Zahl der qualifizierten Zuwanderer „auf Null drücken“.

Eine Sichtweise, die offenkundig die CDU mitträgt. Ausdrücklich hält sie in ihrem vom Bundesvorstand abgesegneten Papier die Zahl von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen für „nicht limitierbar“. Bewegung auch bei deren Status: Über eine Duldung hinaus sollen sie einen Aufenthaltsstatus erhalten, inklusive Arbeitsbefugnis. Zeichnet sich also ein Konsens mit der Süssmuth-Kommission ab? Dies lässt sich nach allem, was aus der Kommission nach außen gedrungen ist, vorsichtig bejahen.

Nach Fücks’ Auffassung kann es beim Asylverfahren durchaus „Verfahrensoptimierungen“ geben, so zum Beispiel bei der Frage, in welcher Frist Folgeanträge nach einer Ablehnung erneut gestellt werden könnten. Weitgehende Übereinstimmung gibt es bei der Übernahme eines am kanadischen Modell angelehnten Punktesystems. Nach den Vorstellungen der CDU sollen Bewerber Punkte je nach Alter, Schulausbildung, Beruf oder Sprachkenntnissen, aber auch nach einem „garantierten Beschäftigungsangebot“ erhalten. Eine solche Bindung lehnt Fücks ab, wenn auch klar sei, dass die Wirtschaftsmigration sich „selbstverständlich an der hiesigen Arbeitsmarktlage zu orientieren hat“.

Ein zentraler Punkt im CDU-Papier ist der Spracherwerb. Hier wurden eine Reihe von einschränkenden Klauseln eingeflochten, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass größere Zuwanderergruppen aus der EU nicht zum Deutschunterricht gezwungen werden können. Nunmehr heißt es im Papier, Zuwanderer mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus sollten „in aller Regel“ obligatorische Integrationskurse annehmen, in denen auch Sprachvermittlung angeboten wird. Fücks hält eine „generelle Verpflichtung“ zum Spracherwerb für „unsinnig“. Es werde „auf ein freiwilliges Angebot“ hinauslaufen.

Noch steckt die Süssmuth-Kommission mitten in der Arbeit. Bislang hat die SPD noch nicht ihre Vorschläge präsentiert. Spätestens in einem Monat will man den Entwurf fertig haben, am 4. Juli dann den Bericht der Öffentlichkeit vorstellen. SEVERIN WEILAND

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