: Unerwünschte Berichte
■ Prozess wegen Internettext über NS-Devotionalienhandel auf Flohmarkt
„Wir schlagen Ihnen vor, sich zu vergleichen“, sagte die Richterin gleich zu Beginn der Sitzung. Gestern Vormittag verhandelte die Zivilkammer 30 des Hamburger Landgerichts über die Unterlassungsklage gegen Norbert Hartung (Name geändert) vom Infoarchiv Norderstedt, die Thomas Will, Geschäftsführer der Agentur Thomas Will (ATW), eingereicht hatte. Doch Hartungs Rechtsbeistand erklärt: „Mein Mandant will wissen, ob er rechtens gehandelt hat oder nicht.“
Das Infoarchiv hatte auf seiner Website, die Hartung verantwortet, über den Handel von „Nazi-Devotionalien“ auf dem Moorbeker Flohmarkt berichtet. Den hatte ATW im November 2000 ausgerichtet. In dem Artikel führt der Autor aus, dass ein Mann an seinem Stand den „Illustrierten Beobachter“, die „Lieder vom Reich“ und diverse weitere Publikationen verziert mit Hakenkreuzen feilbot. Auf Rückfragen hätte Will zunächst gesagt, im Fernsehen gäbe es täglich viel Schlimmeres zu sehen. Dann aber habe er zugesagt, „künftig einen so ausgerichteten Stand nicht mehr zuzulassen“.
Durch den Bericht im Internet sah sich Will jedoch in „seiner Ehre verletzt“. Über seine Anwälte forderte er Hartung auf, den Artikel aus dem Netz zu nehmen und eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Hartung nahm den Beitrag von der Homepage. Aber sechs Wochen später folgte die Gerichtsladung, da Wills Anwälte eine „Wiederholungsgefahr“ sahen.
Vor Gericht wollten sie sich schnell einigen. Bloß Hartung nicht. „Wir haben nichts Unwahres berichtet“, betont er, „und selbst bei einer Einigung entstehen Kosten, die nicht gerechtfertigt sind.“ Am 15. Mai verkündet die Kammer das Urteil. Andreas Speit
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