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Kein Recht auf gewisse Entscheidung

■ Hamburger Richter lehnt Totalverweigerung des Kriegsdienstes noch vor dem Urteilsspruch deutlich ab

In welche Richtung die eigens für Wehrstrafsachen geschaffene Kleine Strafkammer am Landgericht Hamburg in Zukunft tendiert, wenn es um den Vorwurf der „Dienstflucht“ bei Zivildienstverweigerern geht, ist seit gestern und damit schon vor dem Urteil im Berufungsverfahren gegen den Totalverweigerer Jan Reher (taz berichtete) klar: Es gebe kein Recht auf Verweigerung von Ersatzdienst. Der Staatsanwalt beantragte dann auch zehn Monate Gefängnis auf Bewährung.

Dabei macht das Gericht keinen Hehl daraus, dass Zivildienst als verkappter Kriegsdienst zum fes-ten Bestandteil der militärischen Gesamtkonzeption der Bundeswehr gehört. Infolgedessen lehnte es einen Beweisantrag der Verteidigung ab, nach dem Kriegsminister Rudolf Scharping genau diese Behauptung bestätigen sollte und unterstellte die These als wahr.

Dennoch verneinte der vorsitzende Richter Michael Kaut – gestützt auf die Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts – ausdrücklich das Recht, aus Gewissensgründen den Ersatzdienst verweigern zu dürfen. Das von den Vätern des Grundgesetzes verbriefte Recht auf eine „Gewissensentscheidung“ gelte nur für den Kriegsdienst mit der Waffe. „Tatsächliche oder rechtliche Gründe, die Veränderungen dieser Auffassung stützen könnten, gibt es nicht“, meint Kaut und sagt dabei kein Wort zum Bundeswehrengagement in Jugoslawien.

Dagegen hatte der Harburger Amtsrichter Ulf Panzer Reher vom Vorwurf der Dienstflucht freigesprochen, obwohl er seinen Ersatzdienst 1999 in einem Altenheim nicht angetreten hatte. Für Panzer habe der anerkannte Kriegsdienstverweigerer plausibel Gewissenskonflikte deutlich gemacht.

Nach der Steilpass-Vorlage der Kammer war das Plädoyer von Staatsanwalt Bernd Willi Gies nur noch Pflichtprogramm: „Das Harburger Urteil steht nicht im Einklang mit dem Bundesverfassungegericht“, so der Ankläger. Denn wenn ein Zivilrekrut einfach aus Gewissensgründen den Dienst quittieren könnte, würde dies, so Gies, „die Abschaffung des Zivildienstes bedeuten“.

Auch kann Gies nicht feststellen, dass sich Reher in einer „unüberwindlichen psychischen Zwangslage“ nahe einer „Denk- und Be-wusstseinsspaltung“ befinde. Diese billigt das Bundesverfassungsgericht der Anhängern der Zeugen Jehovas zu, die staatlich verordnete Zwangsdienste strikt ablehnen. Darum leisten sie ersatzweise in „Freien Arbeitsverhältnissen“ ihren Anteil zur Gesamtverteidigung. Das Urteil wird am Freitag erwartet. Magda Schneider

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