piwik no script img

Die Sache mit der Begleitsituation

Oh, Du lieber Ernst August, alles ist hin: Der Prinz verliert vor dem Bundesverfassungsgericht und ist dennoch froh

Journalisten mögen Prinz Ernst August von Hannover, den etwas eigenwilligen Gatten von Prinzessin Caroline. Sie nennen ihn zwar Prügelprinz und schreiben meist nicht nett über ihn, aber er füllt die Klatschseiten und sorgt für die Fortentwicklung des Presserechts. Permanent ist er in Händel mit Zeitschriften verwickelt, die dann der andere Prinz, nämlich Rechtsanwalt Matthias Prinz, für ihn ausficht.

Vor dem Bundesverfassungsgericht hatten jetzt jedoch die verklagten Zeitschriften gleich viermal Erfolg. Es ging dabei jeweils um die Frage, ob Fotos von Ernst August auch dann abgedruckt werden dürfen, wenn er darauf ohne Caroline zu sehen ist. „Werden brutale Männer mehr geliebt“, fragte vor drei Jahren die Zeitschrift Bildwoche und spielte auf einen Vorfall an, bei dem der Prinz einem Kameramann mit seinem Regenschirm das Nasenbein zerschlug. Hier wollte Ernst August verhindern, dass dazu ein Bild platziert wird, das ihn neutral im Smoking zeigt. Erstaunlicherweise bekam er von den Hamburger Zivilgerichten Recht. Der Prinz sei keine „absolute Person der Zeitgeschichte“, sondern nur als Begleiter von Prinzessin Caroline oder als „relative Person der Zeitgeschichte“ interessant. Da auf dem Smokingbild jedoch weder Caroline noch der Regenschirm zu sehen waren, werteten die Zivilgerichte den Abdruck als Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Dem Focus ging es in einem ähnlichen Fall nicht anders. Das fand Karlsruhe nun etwas zu schematisch und gab der Verfassungsbeschwerde der Bildwoche statt. Wenn Ernst August die Veröffentlichung eines Prügelbildes hätte hinnehmen müssen, so die Argumentation, dann kann er auch die Verwendung eines „kontextneutralen“ Fotos nicht verhindern, wenn es im Text vor allem um ihn und seine Ausfälle geht.

Auch wenn Ernst August in dieser Frage verloren hat, dürfte er, so glauben die Richter, von der Entscheidung eher profitieren. Denn wenn die Verwendung von neutralen Fotos erleichtert wird, verringert sich für die Presse auch der Zwang, ständig neue, topaktuelle Bilder präsentieren zu müssen.

In zwei weiteren Entscheidungen hatten die Zeitschriften ebenfalls Erfolg. So darf Ernst August auch allein auf einem Foto gezeigt werden, wenn durch den Kontext – insbesondere andere Fotos – klar ist, dass es um eine „Begleitsituation“ geht. Außerdem kann auch eine Glosse über Ernst Augusts Beziehungsleben mit einem Solofoto bebildert werden. CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen