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Ferne Hoffnung in Nahost

Auf die von US-Außenminister Colin Powell übernommenen Vorschläge der Mitchell-Kommission reagieren die Palästinenser recht positiv, die Israelis etwas verhaltener, doch die Umsetzung dürfte für beide Seiten äußerst schwierig werden

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

„Wir werden jeden Abgesandten herzlich willkommen heißen, der die Umsetzung der Vorschläge der Mitchell-Kommission vorantreiben will“, verkündete gestern Palästinenserpräsident Jassir Arafat in einem Telefonat mit US-Außenminister Colin Powell. Die Palästinenser drängen auf einen konkreten Zeitplan für die von der Untersuchungskommission über die Ursachen der „Al-Aksa-Intifada“ vorgeschlagenen Schritte, die Gewalt zu beenden und die Verhandlungen wiederaufzunehmen.

Der Informationsminister Jassir Abed-Rabbo hofft auf „schnelle Maßnahmen“. Powell beauftragte die US-Botschafter in Amman und Tel Aviv, William Burns und Martin Indyk, sowie den US-Generalkonsul in Ostjerusalem mit den beiden Konfliktparteien zusammenzuarbeiten, um Mitchell Vorschläge umzusetzen.

Aus Israels Regierung kamen erstmals kompromissbereite Töne. Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser würde einem von der Untersuchungskommission geforderten „zeitlich begrenzten Baustopp der Siedlungen“ zustimmen. Als „mitchelligen Unsinn“ bezeichnete hingegen Tourismusminister Rechawam Seewi von der Rechtspartei „Nationale Einheit“ die Gleichstellung von Siedlungen und Terror. Seewi drohte mit Rücktritt, sollten die Vorschläge der Kommission akzeptiert werden. Auch Avigdor Liebermann von der Partei „Israel Beteinu“ warnte vor einem Siedlungsstopp, der zur „Auflösung der Koalition und überflüssigen Neuwahlen“ führen würde. Die beiden Parteien zählen zusammen indes nur sieben Mandate, auf die der Regierungschef verzichten könnte. Außenminister Schimon Peres sucht derzeit nach einem Kompromiss, der ein demografisches Wachstum der Siedlungen zuließe ohne dafür weiteres Land beschlagnahmen zu müssen.

Der Erfolg der neuen Friedensinitiative hängt nicht minder von den Palästinensern ab. Deren positive Reaktion auf die Mitchell-Vorschläge lässt hoffen, dass es Palästinenserpräsident Jassir Arafat mit der Wiederaufnahme der Verhandlungen ernst ist. Nach den israelischen Angriffen mit Kampfflugzeugen auf die Palästinenser hofft er offenbar auf verstärkte internationale Rückendeckung. Die Palästinenser wollen sich nicht mehr allein auf die US-Vermittlung stützen. Erst vorgestern machte der US-Botschafter in Tel Aviv die palästinensische Seite für das Scheitern des Friedensgipfels in Camp David vor einem Jahr verantwortlich. Und bislang weigert sich George W. Bush Arafat nach Washington einzuladen.

Die Mitchell-Kommission verlangt Arafat mit der Forderung nach einem sofortigen Ende der Gewalt ungleich mehr ab als den Israelis. Arafat müsste gegen den mehrheitlichen Wunsch seines Volkes neue Verhaftungen unter den islamischen Fundamentalisten in die Wege leiten sowie den Sicherheitskräften Schießverbot erteilen. In den vergangenen Monaten verliefen Ansätze dazu immer schnell im Sande. Zudem müsste die anti-israelische Hetze in den palästinensischen Medien eingestellt werden.

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