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Europa: Da geht’s lang!

Frankreichs Premier Jospin lehnt den Vorschlag von Kanzler Schröder für einen europäischen Bundesstaat ab. Stattdessen spricht er sich für eine Föderation der Nationalstaaten aus

PARIS/BERLIN taz ■ Europa aus dem Westen betrachtet sieht anders aus. In Paris erteilte gestern der französische Premierminister Lionel Jospin den Berliner Plänen einer europäischen Föderation eine deutliche Absage. Statt einer europäischen Regierung und einer Reform der EU-Institutionen, die sich am Modell der deutschen Länder orientiert, schlägt der französische Sozialist eine „Föderation der Nationalstaaten“ vor. „Ich wünsche Europa“, sagte er, „aber ich bin meiner Nation verbunden.“

Jospins lang erwartete europapolitische Grundsatzrede zeigte, wie tief die Gräben sind, die zwischen den beiden mehrheitlich sozialdemokratisch regierten Hauptstädten klaffen. Zwar visiert auch Jospin langfristig eine europäische Verfassung an. Doch hält er nichts von der Schaffung eines Zwei-Kammer-Systems in Europa, und nichts von einer Abschaffung des gegenwärtigen die EU bestimmenden Dreiecks von Kommission, Rat und EU-Parlament. Stattdessen will Jospin die demokratische Legitimation der EU dadurch vergrößern, dass der künftige Kommissionspräsident aus der Mehrheitspartei im Europäischen Parlament gewählt wird und dass der Kommission ein „permanenter Ministerrat“ zur Seite gestellt wird. Dieser soll die Koordination zwischen nationalen Regierungen und Brüssel gewährleisten. Im Gegensatz zu den Berliner Kollegen will Jospin die europäischen Währungsexperten durch eine „Wirtschaftsregierung“ stärken.

Einig sind die PolitikerInnen in Paris und Berlin, die sich bei Festreden immer noch als „Motor der EU“ verstehen, ihre großen Visionen aber längst getrennt erarbeiten und vorstellen, vor allem in technischen Fragen. So wollen beide Seiten die Zusammenarbeit von Justiz und Polizei intensivieren.

Jospin erhielt gestern in Paris Beifall von allen Seiten. Auch deswegen, weil der Sozialist die sozialen und menschenrechtlichen Fragen in den Vordergrund gestellt hatte. In Berlin fahndeten die Regierenden erfolgreich nach Gemeinsamkeiten: Außenminister Fischer entdeckte eine „Vielzahl von deutsch-französischen Gemeinsamkeiten“, Regierungssprecher Heye fand „Ansätze, die fruchtbar werden können im Nach-Nizza-Prozess“. Deutliche Worte fand dagegen die Union: „Jetzt rächt sich, dass die deutsche Regierung ihre europapolitischen Initiativen im Alleingang startet“, erklärte deren Europapolitiker Peter Hintze. DOROTHEA HAHN

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