: Bundestag erweitert KFOR-Mandat
Ein große Mehrheit billigt die Verlängerung des Einsatzes von deutscher Soldaten im Kosovo. Künftig ist auch der Einsatz in der Pufferzone zu Makedonien erlaubt. CDU-Außenpolitiker Lamers beklagt fehlende politische Konzepte für den Balkan
von BETTINA GAUS
Das Ergebnis der Abstimmung war eindeutiger, als die Diskussion im Bundestag hätte vermuten lassen: 491 von 598 Abgeordneten haben gestern einer Verlängerung der Entsendung deutscher Militärs ins Kosovo zugestimmt – und darüber hinaus auch der Möglichkeit, Bundeswehrsoldaten künftig in der Pufferzone im makedonischen Grenzgebiet einzusetzen. Gegen die entsprechende Vorlage der Bundesregierung stimmten lediglich die kleineren Oppositionsparteien FDP und PDS.
„Wir wissen, was wir nicht wollen – aber was wir wollen, das wissen wir bisher nicht.“ Ungewöhnlich deutlich bemängelte Karl Lamers, außenpolitischer Sprecher der CDU, das Fehlen eines politischen Konzepts für den Balkan. Der Stabilitätspakt der Bundesregierung verliere „bedauerlicherweise“ an Dynamik. Notwendig sei eine Intensivierung, eine Beschleunigung und eine Konkretisierung des politischen Prozesses auf dem Balkan. Internationale Soldaten könnten zwar den erneuten Ausbruch von Gewalt im Kosovo verhindern: Frieden könne jedoch nur eine politische Lösung bringen. „Die Zeit drängt.“
Mit dieser außenpolitisch bestimmten Haltung blieb Karl Lamers ein einsamer Rufer in der Wüste. Die anderen Redner der Debatte, Oppositions- wie Regierungspolitiker, igelten sich weitgehend in bekannten Positionen ein – und zogen es vor, sich lieber auf dem vertrauteren innenpolitischen Terrain als auf dem Minenfeld der Außenpolitik zu bewegen. Deutlichstes Beispiel dafür: die FDP. Zwar war es für viele politische Beobachter durchaus eine Überraschung, dass die Liberalen tatsächlich bis zum Schluss bei ihrer Absicht blieben, dem Regierungsentwurf ihre Zustimmung zu versagen. Die wichtigste Begründung dafür aber bezog sich auf den Wehretat: Wenn man die Bundeswehr „an anderer Stelle kurz und klein spare“, dann komme eine Ausweitung ihres Mandats auf dem Balkan nicht in Betracht, erklärte der neue Parteivorsitzende Guido Westerwelle.
Bei Redebeiträgen wie dem seinen konnte man den Eindruck gewinnen, dass sie schon fix und fertig geschrieben waren, bevor Verteidigungsminister Rudolf Scharping seinem Kabinettskollegen Hans Eichel die Zusage für zusätzliche Gelder vom kommenden Jahr an abgerungen hatte. „Für den Einsatz reicht’s“, erklärte Scharpings Parteifreund Peter Zumkley, der ansonsten die Mittel für die anstehende Reform der Bundeswehr als „knapp“ bezeichnete.
Die Redner von Bündnis 90/Die Grünen, Außenminister Joschka Fischer und die Verteidigungsexpertin Angelika Beer, gingen auf Probleme des Wehretats nicht näher ein. Sie erklärten stattdessen das Thema für grundsätzlich ungeeignet für Auseinandersetzungen. „Ich glaube, dass es politisch fahrlässig ist, hier mit Sicherheitspolitik Wahlkampf zu machen“, sagte Angelika Beer. Nützen dürfte das der Regierung wenig: Friedrich Merz, der Vorsitzende der Unionsfraktion, hat für das nächste Jahr bereits ein Nein seiner Parteifreunde angekündigt, falls der Wehretat nicht erhöht werde. Das steht jedoch – ausgerechnet in einem Wahljahr – kaum zu erwarten.
Für die PDS erklärte Wolfgang Gehrcke, dass es keine völkerrechtliche Grundlage für die Erweiterung des KFOR-Mandats in die Pufferzone hinein gebe. Darüber hinaus erklärte er, die KFOR trage „für alles“ die Verantwortung, was „im Kosovo passiert“. Namens seiner Fraktion lehnte er die Zustimmung sowohl zur Verlängerung als auch zur Erweiterung des KFOR-Einsatzes ab.
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