Sanierung auf Pump

■ Am Wilhelmsburger Veringkanal schlummert ein brisanter Giftcocktail auf dem Gelände einer Chemiefirma

Es gibt Sünden, die viele Generationen beschäftigen: Seit bald 20 Jahren ist bekannt, dass der Boden und das Grundwasser unter dem Gelände der Chemiefirma Johann Haltermann in Wilhelmsburg stark mit Rückständen aus der Teerproduktion belastet ist. Im Sediment des benachbarten Äußeren Veringkanals findet sich alles, was Rang und Namen hat unter den Giften: von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) über Benzol, Butylzinnverbindungen, zu denen das berüchtigte TBT gehört, Blei und Cadmium bis hin zu Dioxinen. Wie eine Kleine Anfrage des Regenbogen-Abgeordneten Lutz Jobs jetzt ergeben hat, ist ein Ende der Sanierung des vergifteten Gebiets nicht absehbar.

Der ausführlichen Antwort der Umweltbehörde zufolge ist der Boden unter dem Fabrikgelände bis zu 45 Meter tief mit zum Teil sehr giftigen Chemikalien durchsetzt. Pro Kilogramm Erdreich finden sich bis zu 70 Gramm Erdölrückstände, bis zu zwei Gramm Monozyklische und bis zu 0,2 Gramm Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe. Im Grundwasser bewegen sich die Verunreinigungen pro Liter im zweistelligen Milligramm-Bereich.

Die Sanierung lief ganz langsam an: 1985 wurde zum ersten Mal versuchsweise verseuchtes Wasser abgepumpt und behandelt. Fachleute erforschten das Ausmaß der Vergiftung, die geologischen Verhältnise und die Fließrichtung des Grundwassers. Sie erarbeiteten Sanierungsvorschläge und bauten 1999 eine Anlage mit der der natürliche Abbau von Giften beschleunigt werden sollte.

Seit dem vergangenen Jahr schließlich gibt es zwei Brunnen, mit denen das vergiftete Grundwasser gefördert und anschließend gereinigt wird. Mehr als zehn Millionen Mark hat das bisher gekos-tet, gut vier davon trug die Firma Haltermann. Die Gifte im Grundwasser haben sich unterdessen auf einer Fläche von 1000 mal 250 Metern ausgebreitet, bis hinein ins Wohngebiet.

Das vergiftete Erdreich auszuheben, kommt aus Sicht des Senats nicht in Frage, weil das unverhältnismäßig teuer wäre, zumal das Gelände teilweise bebaut ist. Eine Einkapselung des stark belastetenen Bodens wie auf dem Boehringer-Gelände in Moorfleet ist ebenfalls nicht möglich, weil es darunter keine wasserundurchlässige Schicht gibt. Die Umweltbehörde muss weiter pumpen lassen. Wie lange, weiß keiner. Gernot Knödler