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Großes Treffen – kleine Hoffnung

Die Generalversammlung der UNO zum Thema Aids lässt wenig konkrete Ergebnisse erwarten. Schon das Geldsammeln vorab geriet zur Enttäuschung

aus Genf ANDREAS ZUMACH

„Eine globale Antwort auf eine globale Krise!“ Unter diesem anspruchsvollen Motto kündigt die UNO seit Oktober 2000 für die kommende Woche eine Sondergeneralversammlung zum Thema Aids an. Die 189 Mitgliedsstaaten sollen eine „Verpflichtungserklärung zur verstärkten Bekämpfung“ der Immunschwächekrankheit beschließen. 24 Staats- und Regierungschefs sowie 2.000 Vertreter von Nichtregierungsorganisationen werden in New York erwartet. Doch die Hoffnungen auf konkrete Ergebnisse der Konferenz, die die Handlungsfähigkeit der UNO beim Thema Aids stärken könnten, sind in den letzten Monaten erheblich gesunken.

Für große Ernüchterung sorgt die mangelnde Bereitschaft der UNO-Staaten, die erforderlichen Gelder für die „Globale Kampagne zur Aids-Bekämpfung“ bereitzustellen, die UNO-Generalsekretär Kofi Annan im April lanciert hatte. Annan hatte zur Gründung eines Fonds aufgerufen, um zusätzliche Mittel zur Bekämpfung von Aids sowie von Tuberkulose und Malaria in den Ländern des Südens zu bekommen. Die erforderlichen Gelder hatte er für den Zeitraum bis mindestens 2010 auf 7 bis 10 Milliarden US-Dollar jährlich veranschlagt. Doch bereits die Annahme, bis zur Sondergeneralversammlung würden die UNO-Staaten mindestens die Hälfte der für das Jahr 2001 benötigten Milliarden aufbringen, wurde enttäuscht. Bislang wurden lediglich knapp 400 Millionen US-Dollar zugesagt – 200 Millionen von den USA, 125 Mio. von Frankreich sowie je 30 Mio. von Großbritannien und der Privatstiftung des Microsoft-Gründer Bill Gates. Ein weitere Million Dollar versprach die Zürcher Winterthur Versicherung. Angesichts dieser enttäuschenden Reaktion schraubte das UNO-Generalsekretariat in New York diese Woche die Erwartungen für Zahlungseingänge bis Ende dieses Jahres auf lediglich 1 Milliarde Dollar herunter.

Weiterhin umstritten ist, ob der neue Aids-Fonds innerhalb oder außerhalb des UNO-Systems angesiedelt wird und wer künftig nach welchen Kriterien über die Vergabe von Geldern entscheidet. Hinter diesem Streit verbergen sich Eifersüchteleien und Kompetenzgerangel zwischen der Weltgesundheitsorganisation, den anderen fünf am UN-Aids-Programm beteiligten Organisationen und dem UNO-Generalsekretariat (siehe Kasten).

Unabhängige Aids-Experten raten dringend, den neuen Fonds der Effizienz wegen möglichst unabhängig von der UNO zu organisieren als zentral geführtes, international besetztes Expertengremium. Wegen der vielen noch ungeklärten Fragen wird sich die ursprünglich als ein Höhepunkt der Sondergeneralversammlung geplante Gründung des Fonds wahrscheinlich noch um Monate verzögern.

Auch der Text der „Verpflichtungserklärung“, der eigentlich bis zum 25. Mai in Vorbereitungsverhandlungen fertig gestellt werden sollte, ist weiterhin Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Diese Vorkonferenzen waren auch für Nichtregierungsorganisationen offen gewesen. Inzwischen finden die Beratungen hinter verschlossenen Türen und nur noch zwischen Regierungen statt. Dabei bemühe sich „eine Zensurkoalition aus USA, Ägypten, Libyen und dem Vatikan, alle Hinweise auf besonders gefährdete und häufig diskriminierte Personengruppen wie homosexuelle Männer, Prostituierte und ihre Kunden sowie Drogensüchtige aus dem Text zu tilgen“, kritisierte die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Sind global organisierte Kampagnen überhaupt das geeigente Mittel zur Bekämpfung von Aids? Nachdem bislang alle internationalen Anstrengungen seit Entdeckung des Aidsvirus vor zwanzig Jahren zumindest mit Blick auf Afrika und Asien weitgehend gescheitert sind, wird diese Frage auch innerhalb des UNO-Systems immer häufiger gestellt. Überzeugende Alternativen haben die Kritiker globaler Programme bislang allerdings auch noch nicht vorgelegt.

Besonders groß ist die Ratlosigkeit gegenüber der Situation im südlichen Afrika, wo mit Botswana, Simbabwe und Südafrika die Länder mit den weltweit höchsten Aidsraten liegen mit jeweils sehr spezifischen politischen, kulturellen und sozialökonomischen Hindernissen für eine effektive Bekämpfung der Krankheit.

Offiziell gibt man sich beim Unaids-Progamm dennoch vorsichtig optimistisch. Die Siuation für eine neue, globale Anti-Aids-Kampagne sei „günstig“, erklärt der deutsche Aids-Experte Bernhard Schwartländer, weil „das Verleugnen des Problems in den afrikanischen Ländern“ abnehme und „die Pharmakonzerne massive Preissenkungen für Aidsmedikamente zugesagt“ hätten.

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