: Globales Denken in Grenzen
Die Europäische Union will verstärkt gegen gewaltbereite Globalisierungsgegner auf den internationalen Gipfeltreffen vorgehen. Österreich führt ab sofort die Grenzkontrollen wieder ein
BRÜSSEL/BERLIN taz ■ Die Europäische Union will hart gegen gewalttätige Demonstranten bei internationalen Politikertreffen vorgehen. Am 13. Juli wird es ein Sondertreffen der EU-Innenminister in Brüssel geben, bei dem sich die Mitgliedsländer auf einheitliche Maßnahmen gegen so genannten Krawalltourismus verständigen wollen. Dänemark, Griechenland, Portugal, Italien und Spanien hatten im Vorfeld versucht, das Sondertreffen zu verhindern, da sie glauben, es könnte die Spannungen noch zusätzlich anheizen. Schweden, für seine bisher liberale Haltung gegenüber Demonstranten bekannt, ist nach den Ausschreitungen beim Gipfeltreffen in Göteborg vor zwei Wochen auf eine härtere Linie umgeschwenkt. In Göteborg waren etwa 700 Demonstranten vorübergehend festgenommen worden, von denen die meisten polizeilich bekannt waren.
Bei ihrem Sondertreffen werden sich die Innenminister mit dem Vorschlag des deutschen Kollegen Otto Schily (SPD) befassen, der gewalttätige Demonstranten in Zukunft wie Fußball-Hooligans behandelt sehen will. Sie sollen erkennungsdienstlich erfasst und vor großen EU-Treffen schon an der Ausreise gehindert werden.
Martin Rocholl von den „Friends of the Earth Europe“ befürchtet eine Einschränkung des Demonstrationsrechts auch für friedliche Teilnehmer: „Das ist ein sehr gefährlicher Weg“, sagte er der taz. Ein Sprecher Schilys sagte, es müssten Maßnahmen gefunden werden, „die sehr schnell greifen“ und die möglichst Ende Juli beim G-8-Gipfel der reichsten Industrienationen in Genua schon anwendbar sind. Dort wollen mehrere zehntausend Globalisierungsgegner gegen den Gipfel protestieren.
Mittelfristig haben die EU-Chefs verabredet, ihre Gipfel nur noch in Brüssel abzuhalten. Die spanische Präsidentschaft allerdings wird im 1. Halbjahr 2002 noch nach altem Muster einladen – im März ist ein Treffen in Barcelona geplant. Dort wird sich zur Sorge um Gipfel-Hooligans noch die Furcht vor Anschlägen der separatistischen ETA gesellen.
Wegen befürchteter politischer Krawalle beim „Weltwirtschaftsforum Osteuropa“ in Salzburg vom 1. bis 3. Juli werden seit gestern wieder Kontrollen an der österreichischen Grenze durchgeführt. Österreich setzte das Schengener Abkommen über freien Reiseverkehr vorübergehend außer Kraft, um gewaltbereite Demonstranten an der Einreise zu hindern.
Ab Mitte der Woche muss wegen der beginnenden Sommerferien in einigen Bundesländern mit Staus an der bayerisch-österreichischen Grenze gerechnet werden. Auch auf bayerischen Straßen werden verstärkt Kontrollen durchgeführt. Dort will die Polizei durch ein Unterbindungsgewahrsam, dass auf maximal zwei Wochen ausgedehnt werden kann, mögliche Randalierer an der Ausreise hindern.
Dass für gewalttätige Proteste gegen die Globalisierung ein Globalisierungsgipfel gar nicht nötig ist, bewiesen am Sonntagabend Demonstranten in Barcelona. Obwohl ein Treffen der Weltbank wegen befürchteter Proteste abgesagt und ins Internet verlegt worden war, kam es dort zu heftigen Ausschreitungen. 32 Demonstranten wurden verletzt und 22 festgenommen. Demonstranten warfen die Scheiben von Banken und Ladenketten mit Steinen ein und lieferten sich mit der Polizei eine Straßenschlacht.
Fernsehaufnahmen zeigten Beamte, die auf wehrlose Demonstranten einprügelten. An einer Kundgebung beteiligten sich mehrere tausend Menschen.
DANIELA WEINGÄRTNER/KLH
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