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Belgische Millionen für Kabila

Belgiens Premier schenkt dem Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo zum Unabhängigkeitstag ein Paket von Hilfsmaßnahmen, gedacht als Basis für gemeinsame EU-Politik. Kongos Opposition gegen „Legitimation des roten Teppichs“

aus Brüssel FRANÇOIS MISSER

Belgiens Premierminister Guy Verhofstadt reist heute in die Demokratische Republik Kongo, um bei den morgigen Unabhängigkeitsfeiern in der Hauptstadt Kinshasa einen „Aktionsplan für den Aufbau des Friedens in der Region der Großen Seen“ vorzulegen. Es ist der Ausgangspunkt einer diplomatischen Offensive pünktlich zur belgischen Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli. Der Plan soll zur Wiederherstellung der territorialen Integrität des zerfallenen Kongo beitragen, die Einsetzung demokratischer Strukturen und eines funktionierenden Staatswesens fördern und den Wiederaufbau der Infrastruktur voranbringen, Voraussetzung für eine Erholung der Wirtschaft und für die Lieferung humanitärer Hilfe.

Die belgische Regierung geht davon aus, dass im Kongo eine Chance für Frieden besteht, weil die Regierung von Joseph Kabila sowie Rebellen und zivile Opposition zugesagt haben, am 16. Juli zu einem Vorbereitungstreffen für den angestrebten „innerkongolesischen Dialog“ zwischen allen politischen Kräften des Landes zusammenzukommen. Positive Zeichen sieht Brüssel auch in Kabilas Ankündigung eines Gesetzes zur Wiederzulassung politischer Parteien, den ökonomischen Liberalisierungsmaßnahmen und der Stationierung von UN-Beobachtern. Durch die allmähliche Wiederaufnahme von Hilfe in dem Maße, wie Kabila Reformen umsetzt und der innerkongolesische Dialog voranschreitet, will Belgien diese Gesten honorieren. Diese Politik verfolgt auch Deutschland.

Konkret wird Belgiens Premierminister am Samstag eine Kongo-Hilfe von 800 Millionen belgischen Franc (ca. 40 Millionen Mark) ankündigen, um vier Projekte zu finanzieren: Straßenbau in den von der Regierung kontrollierten Provinzen Bandundu und Westkasai; Geld für Mikroprojekte im Regierungsgebiet; Stärkung der Kapazitäten des Gesundheitsministeriums; soziale Projekte in der Hauptstadt. Darüber hinaus plant Belgien, einen seit 1991 blockierten Kredit von etwa 14 Millionen Mark freizugeben, mit dem das Stromnetz des Kongo repariert werden soll. Und die belgische Nationalbank verhandelt mit dem IWF über die Kofinanzierung eines Kredits, der dem Kongo helfen soll, die Bedingungen für eine Aufnahme in das internationale Schuldenerlassprogramm HIPC (Highly Indebted Poor Countries) zu erfüllen.

Für Juli plant Belgien zusammen mit der Weltbank, eine Kongo-Geberkonferenz abhalten. Belgische Vorschläge zur EU-Zusammenarbeit mit politisch fragilen Staaten wie Kongo stehen am 16. Juli auf der Tagesordnung der EU-Außenminister.

Diese Pläne stoßen in Belgien und im Kongo auf erheblichen Widerstand. Belgien verleihe Joseph Kabila die „Legitimation des roten Teppichs“, kritisiert der Generalsekretär der nordkongolesischen Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), Olivier Kamitatu.

Kritik an Verhofstads Vorhaben äußerten am Mittwoch im belgischen Parlament die flämischen Christdemokraten. Tshibampa Mpuila, Sprecher von Kongos größter ziviler Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) sagt zur belgischen Kongo-Initiative: „Alles wird getan, um die Diktatur zu konsolidieren. Belgien baut auf die Unwissenheit und das Elend der kongolesischen Bevölkerung und tut, was es im Kongo immer tut: Demokratie verhindern. Es unterstützt ein von ausländischen Armeen eingesetztes Militärregime, statt auf Joseph Kabila Druck auszuüben.“

Bereits am 7. Juni unterschrieb UDPS-Führer Etienne Tshisekedi zusammen mit den Führern anderer Parteien einen Protestbrief, in dem sie Belgien vorwarfen, durch Hilfe für Kongos Regierung die Teilung des Landes zu festigen. Wenn Kabila unterstützt werde, bevor der geplante innerkongolesische Dialog stattgefunden hat, habe er keinen Grund, politische Konzessionen zu machen, schrieben die Parteiführer und sprachen von einem „bedauerlichen Geschäftssinn“ Belgiens. Sie nahmen Bezug auf Presseberichte, wonach der Sohn des belgischen Außenministers Louis Michel an einer Kobaltmine im Kongo beteiligt sei und einer seiner Schwager an der Diamantenförderung.

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