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Union fürchtet „Massenzustrom“

Vertreter von CDU und CSU wollen einem Einwanderungsgesetz nur zustimmen, wenn die Bedenken der Union aufgegriffen werden. Sie mahnt sorgfältiges Auswahlverfahren für Höchstqualifizierte an und wendet sich gegen Asylerleichterung

von SEVERIN WEILAND

Peter Müller, der saarländische Ministerpräsident, zeigte sich ratlos. „Was will jetzt die Bundesregierung?“, fragte er in den Saal der Bundespressekonferenz hinein. Müller und Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sowie der Vizefraktionschef der Union im Bundestag, Wolfgang Bosbach, kritisierten gestern den Einwanderungsbericht der Süssmuth-Kommission.

Was die Union will, wurde zumindest im Ansatz klar. Man werde einem Gesetzestext nur zustimmen, wenn zuvor Bedenken der Union berücksichtigt und er sich an den Eckpunkten des CDU/CSU-Papieres „orientiere“, so Müller. Einen „Konsens um des Konsenses“ willen werde es nicht geben. Für Beckstein ist die Lage der SPD unübersichtlich. Welche Kräfte sich dort gegen wen durchsetzen und dann gegenüber den Grünen positionierten, sei noch nicht abzusehen. Die SPD-Bundestagsfraktion will am heutigen Freitag ihr Zuwanderungs-und Integrationspapier verabschieden.

Die drei Unionspolitiker, führend mit Einwanderungsfragen betraut, stellten noch einmal klar, dass der Bericht der Süssmuth-Kommission in wesentlichen Punkten den Vorstellungen ihrer Parteien widerspricht. Beckstein erklärte zudem, dass auf der Grundlage des Berichtes „ein Gespräch nicht weiterführend ist“.

Müller, der die CDU-Zuwanderungskommission geleitet hatte, lehnte die von der Süssmuth-Kommission vorgeschlagene Zahl von jährlich 20.000 Einwanderern sowie deren Familienangehörigen mit einem unbefristeten Aufenthaltsstatus ab. Damit werde der Schwerpunkt auf eine „rein demografische Zuwanderung“ verlagert. Mit einer solchen Maßnahme kann man aus Sicht der Union der sinkenden Bevölkerungszahl in Deutschland nicht begegnen. Würde man dies wirklich wollen, käme es zu Zuwanderungszahlen in einem Umfang, die an die Grenzen der Integrationskraft gingen, so Müller. Daher gehe für die Union „Ausbildung und Qualifizierung“ vor Zuwanderung. Zwar will sie die Zuwanderung der Höchstqualifizierten, mahnte aber auch dort ein sorgfältigeres Auswahlverfahren an. Es gebe schon jetzt arbeitslose Green-Card-Experten aus dem Ausland, so Müller. Diese seien Ergebnis eines „unreflektierten Arbeitskräfteimports.“

Zur Wirtschaft, die die im Süssmuth-Bericht vorgeschlagenen 50.000 Zuwanderer jährlich für zu gering hält, sagte Müller: Auch die Wirtschaft müsse ihren Beitrag dazu leisten, das inländische Arbeitskräftereservoir auszuschöpfen. Auch an mehreren anderen Punkten lehnen die Unionspolitiker die Vorschläge des Süssmuth-Berichtes ab. So will man einen generellen Abschiebeschutz für straffällig gewordene ausländische Jugendliche nicht hinnehmen.

Vehement sprach sich Beckstein gegen den Vorschlag der Kommission aus, jährlich rund 10.000 Auszubildende nach Deutschland zu bringen. Darüber könne man erst sprechen, wenn das Problem der Arbeitslosigkeit unter Migrantenkindern hierzulande gelöst sei.

Müller forderte die Bundesregierung auf, die im EU-Richtlinien-Entwurf vorgesehenen Erleichterungen zum Asyl und zum Familiennachzug abzulehnen. Würden diese Vorschläge Realität, käme auf die Bundesrepublik ein „Massenzustrom“ zu. Bei Opfern der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung sieht Müller hingegen Möglichkeiten zur Verbesserung, allerdings auf der Ebene des Ausländergesetzes und nicht durch eine Erweiterung des Grundrechts auf Asyl. Über „Modifikationen“ zu reden sei Beschlusslage der CDU, so Müller.

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