: Klein wie ein Maulwurfshügel
■ 1.000 Neubürger, 400 Häuser: Das Baugebiet Brokhuchting kommt / BUND sucht juristische Schlupflöcher um das stoppen
Von einem neuen Baugebiet in der Ochtumniederung bei Brokhuchting verspricht sich der BUND nur Nachteile: Brütende und ras-tende Vögel im angrenzenden EU-Vogelschutzgebiet würden nachhaltig gestört. Das wertvolle Naturschutzgebiet südlich der Ochtum werde stark beeinträchtigt. Als äußerst unsensibel bezeichnet Martin Rode, Naturschutzreferent beim BUND, die Pläne des Investors, in einem Überschwemmungsgebiet bauen zu wollen. „Wenn der Bremer Umgang mit der Hochwassergefahr Schule macht, droht die Gefahr, dass immer mehr Polderflächen abgeschnitten werden.“
Besorgt wegen der vielleicht steigenden Hochwassergefahr sind auch die Delmenhorster. „Uns kommt es vor allem darauf an, dass das Überschwemmungsgebiet erhalten und der Deich entlang der Varreler Bäke auf Bremer und niedersächsischer Seite gleich hoch bleibt“, erläutert Holger Mövens von der unteren Wasserbehörde in Delmenhorst. Doch diese Ängste kann Hans-Dieter Bücken zerstreuen. Er war lange Zeit Leiter des Wasserwirtschaftsamtes und kümmert sich nun für den Investor Müller und Bremermann um das wasserrechtliche Verfahren. „Das neue Baugebiet macht lediglich zwei Prozent des Überflutungsgebietes aus. Das ist klein wie ein Maulwurfshügel.“
Bedenken hegte lange Zeit auch der Beirat in Huchting. Doch seit sich die Bürgerschaft für das Baugebiet ausgesprochen habe, „versuchen wir das Beste daraus zu machen“, meint Ortsamtsleiter Uwe Martin. Er befürchtet, dass die etwa 1000 neuen Bürger, die in die 400 Einfamilien-Häuschen ziehen sollen, keinen Bezug zum Stadtteil aufbauen können. Wie eine Barriere liege der Bahndamm zwischen dem bisherigen Ort und dem Neubaugebiet. Ein geplanter Regionalbahnhof und damit eine schnelle Verbindung würden dafür sorgen, dass die Neu-Brokhuchtinger eher nach Delmenhorst oder in die Bremer City fahren würden, als sich in ihrem Stadtteil zu engagieren.
Eine Gefahr für die Natur geht auch von der Brokhuchtinger Landstraße aus, die durch das Baugebiet und anschließend durch das Schutzgebiet verlaufe, räumt Ortsamtschef Martin ein. Diese Straße müsse aber für den Durchgangsverkehr geöffnet bleiben.
Damit der Investor im kommenden Jahr beginnen kann, das Gebiet einzudeichen, muss das wasserrechtliche Verfahren bis zum Herbst abgeschlossen sein. Darin werden alle Details festgehalten – unter anderem, dass der Investor einen zehn bis 15 Meter breiten Graben am Rande des Baugebiets anlegen muss, damit keine Störenfriede wie Hunde, Katzen oder Kinder ins Vogelschutzgebiet gelangen.
Das gesamte Bauprojekt ist überflüssig, findet der BUND: weder städtebaulich sinnvoll noch in die Schutzgebiete passend. Dennoch bleibt nur die Möglichkeit das wasserrechtliche Verfahren anzugreifen, meint BUND-Mann Rode. Er glaubt, dass Brokhuchting nur deshalb „durchgedrückt“ werde, damit „jemand sein Land versilbern“ kann. Auch Ronald Risch scheint mit dem Projekt nicht glücklich zu sein: „Die Stadt muss große geschlossene Baugebiete anbieten, um die Abwanderung ins niedersächsische Umland zu bremsen.“ mas
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