: „Ich lege mich auf Rot-Grün fest“
■ Über Stimmungen und Stimmen, eine profillose FDP und ein schillerndes Schmuddelkind: SPD-Bürgermeister Ortwin Runde im taz-Interview
taz: In gut zwei Monaten sind Sie nicht mehr Hamburger Bürger-meister, Herr Runde, wenn man der neuesten Meinungsumfrage Glauben schenkt.
Ortwin Runde: Ich werde noch lange Bürgermeister sein. Die BürgerInnen bewerten vor allem die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik des Senats außerordentlich gut, das stimmt optimistisch.
Aber es scheint eine ausgeprägte Bereitschaft in Hamburg zu geben, einfach mal was anderes zu probieren als schon wieder SPD.
Die ist gar nicht so ausgeprägt und in weiten Teilen irrational. Es ist sicher richtig, dass unser Marketing besser werden muss, denn unsere Leistung stimmt. Die Stadt brummt unter Rot-Grün, das müssen wir im Wahlkampf auch vermitteln. Der beginnt ja jetzt erst richtig.
Die Ausgangsbasis ist ein Patt zwischen Rot-Grün sowie dem Bürgerblock aus CDU, FDP und Schill. Da wartet noch harte Arbeit auf die Titelverteidiger.
Dieser Bürgerblock ist im Grunde eine Fiktion. Fast die Hälfte der CDU-WählerInnen und fast zwei Drittel der FDP-WählerInnen lehnen eine Koalition mit Schill ab. Das ist doch ein deutliches Signal ...
... der „feinen Hanseaten“ an das „Schmuddelkind Schill“?
Das ist ihre Bezeichnung. Aber es stimmt: Mit Schmuddelkindern spielen Hanseaten nicht. Und im Grunde spaltet Schill das bürgerliche Lager. Er rekrutiert seine Wähler aus dem rechtsradikalen Spektrum und vom rechten Rand der CDU. Deshalb stagniert die ja auch. Die Schwäche der Union hat Schill möglich gemacht, nicht die Politik der SPD. Mit Schill im Senat würde Hamburgs Ansehen international Schaden nehmen. Das Phänomen Schill wird aber, da bin ich sicher, sehr schnell seinen Reiz einbüßen.
Das mag ja sein, aber dann sitzt er möglicherweise im Senat und die SPD in der Opposition.
Nein. Wir werden unsere jetzigen 35 Prozent deutlich steigern, und die GAL wird stabil im zweistelligen Bereich bleiben. Rot-Grün wird bei der Wahl am 23. September die absolute Mehrheit erringen.
Sie hoffen auf einen Mobilisierungseffekt bei potentiellen SPD- und GAL-WählerInnen durch diese knappen Meinungsumfragen?
Das Manko der SPD ist in den vergangenen Monaten in der Tat gewesen zu glauben, die Wahl läuft von allein. Nur so sind die fünf bis acht Prozent für die Hamburger FDP überhaupt erklärlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Partei ohne Profil und ohne Programm die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Insofern kommen diese Umfragen zur rechten Zeit, sie werden unsere Anhängerschaft und auch die der GAL in der Tat mobilisieren.
Klingt so, als ob es für den Bürgermeister Ortwin Runde keine andere Koalition geben kann als eine mit der GAL.
Ja. Ich lege mich auf Rot-Grün fest. Das ist eine sehr erfolgreiche Koalition ...
Die GAL schluckt ja auch alles, was die SPD verabreicht, sogar Brechmittel.
Wir tun gemeinsam, was für diese Stadt zu tun ist.
Und wenn es bei der Wahl doch nicht für ein Weiter-So reicht, gibt es eine Große Koalition ohne Ortwin Runde?
Nach dem Desaster der Großen Koalition in Berlin wäre das für Hamburg abträglich. Aber die Frage stellt sich auch nicht. Bürgermeister Runde wird dafür sorgen, dass es wieder eine rot-grüne Regierung im Hamburg gibt. Punkt.
Interview: Sven-Michael Veit
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