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Mittelstand: Banken drehen Geldhahn zu

Umfrage der Sparkassenorganisation: Großbanken vergraulen kleine Unternehmen. Banken dementieren

HAMBURG taz ■ Großbanken und Kreditinstitute verabschieden sich nach einer Umfrage der Sparkassen immer deutlicher von Handwerk und Gewerbe. „Die privaten Banken ziehen sich systematisch und flächendeckend aus dem mittelständischen Kreditgeschäft zurück“, lautet das Fazit der Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) bei seinen Mitgliedern. Für Holger Berndt, Vorstandsmitglied des DSGV, ist das Ergebnis eindeutig: „Die Sparkassen stellten eine unüblich hohe Nachfrage nach neuen Geschäftsverbindungen seitens der mittelständischen Wirtschaft fest.“

Allein in den vergangenen drei Monaten sollen 1.800 Unternehmen Neukunden bei der Sparkassen-Finanzgruppe geworden sein, weil sie von ihren Banken vergrault wurden. Auf die Umfrage antworteten 326 der bundesweit rund 560 Sparkassen. Betroffen sind besonders ländliche und strukturschwache Gebiete und kleine Mittelständler bis zu 100 Beschäftigten.

Beim Versuch, mittelständische Kunden loszuwerden, zeigen die Banken eine „fast schon bemerkenswerte Vielfalt“, behauptet der DSGV. Die Instrumente reichten von subtilen Methoden bis zum offenen Abschieben. So würden Kreditlinien gekürzt, Entscheidungen auf die lange Bank geschoben oder endlose Nachbesichtigungen anberaumt. Die Deutsche Bank soll Firmenkunden für ein Ende der Geschäftsverbindung einen Kreditnachlass von 30 Prozent angeboten haben.

Die privaten Geldgiganten dementieren entschieden. Hier wolle ein Konkurrent nur mediale Pluspunkte machen und obendrein seine öffentlich-rechtlichen Privilegien schützen, die von der Europäischen Kommission in Frage gestellt werden, heißt es in Frankfurt. Eine Sprecherin der Deutschen Bank beteuert: „Wir verabschieden uns nicht systematisch vom Mittelstand.“ Der neue Commerzbankchef Klaus-Peter Müller kritisiert, die Sparkassen würden mit viel zu niedrigen Dumpingzinsen arbeiten.

Ohnehin denken die privaten Banken beim Begriff „Mittelstand“ offenkundig vor allem an größere Unternehmen wie die Bäckerei Kamps oder den Software-Entwickler Brokat. Commerzbank-Vorstandssprecher Müller will zukünftig nur noch ein Drittel seines Mittelstandsgeschäftes mit klassischen Krediten machen, auf die Handwerk und Gewerbe existenziell angewiesen sind. Stattdessen plant die Commerzbank lieber, für „Mittelständler“ Anleihen am Kapitalmarkt zu platzieren oder das Vermögensmanagement zu betreiben.

Bestätigt wird die Sparkassenumfrage vom Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft. „Das deckt sich mit unseren Erkenntnissen“, sagt ein Sprecher des Verbandes in Berlin, der bundesweit 150.000 Unternehmen repräsentiert. Es gebe eine „generelle Linie“ bei den privaten Banken. So würde vielen Mittelständlern von ihrem Bankberater nahe gelegt, sich nach einem anderen Institut umzuschauen oder schlechtere Konditionen in Kauf zu nehmen. Bei diesem Vergraulen sind die Großbanken wohl erfolgreich. Die Wuppertaler Wirtschaftsprüfer der RTG Rinke Treuhand Gesellschaft erwarten, dass sich „deutlich“ mehr als die Hälfte der Mittelständler verdrängen lässt. HERMANNUS PFEIFFER

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