: Rassistische Bandsprüche an der Uni
■ Ein unbekannter Anrufer terrorisiert UnimitarbeiterInnen mit ekligen Sprüchen: Er bespricht Anrufbeantworter mit braunen Tiraden / Uni-Leitung informiert Angestellte spät und mangelhaft
Stellen Sie sich mal vor, Sie rufen bei der Universität an und werden von einer Stimme auf dem Anrufbeantworter darüber informiert, dass dunkelhäutige Menschen „Niggerviecher“ seien und Vergasung eine zu harmlose Tötungs-Methode für diese Menschen sei.
Vor fünf Wochen wurde zum ersten Mal so ein Spruch gemeldet. Ein Unbekannter muss das allgemeine Passwort des Uni-Telefonsystems kennen, um die Ansagetexte per Fernabfrage zu verändern. Das vermutet Rudolf Schumacher von der Bremer Kommunikationstechnik (BreKom), die das Telefonsystem der Uni betreut. An der Uni werde immer das gleiche Passwort an die einzelnen Anschlüsse vergeben. Eigentlich sollte dann jedeR ein neues eingeben – was viele aber offenbar versäumt haben.
Bereits am 11. Juni sei die BreKom auf den unerwünschten Zugriff aufmerksam gemacht worden, sagt Schumacher. Das war vor fünf Wochen. Daraufhin hat die BreKom die Vorgänge an die Uni weitergeleitet. Passiert ist dort offenbar lange nichts, wundert sich Schumacher.
Inzwischen bespricht der Anrufer nicht nur die Anrufbeantworter, sondern beschimpft auch einzelne Uni-MitarbeiterInnen direkt. Die Betroffenen, die aus Angst vor weiterer Belästigung ihren Namen nicht nennen wollen, fühlen sich von der Unileitung nicht ernst genommen. Auch der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) forderte eine öffentliche Distanzierung von den rassistischen Aussagen auf Uni-Anrufbeantwortern – und wurde abgewiesen, kritisiert Frank Sobich vom AStA.
Der Uni-Mitarbeiter aus dem Organisations-Dezernat, der zwischen der BreKom und der Uni-Leitung vermittelt, ist zurzeit in Urlaub, erklärt Uwe Gundrum von der Pressestelle der Uni. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, warum er als Sprecher erst so spät informiert wurde. „Wenn der Sachverhalt so stimmt, muss das natürlich unterbunden werden.“
In einer Reaktion des Organisations-Dezernats von letzter Woche wurden die MitarbeiterInnen per Rundschreiben lediglich darüber informiert, dass eine „außen stehende Person“ die Mailboxen „neu besprochen und/oder Passwörter geändert“ hat. Kein Wort über den diffamierenden Charakter der Ansagen. Nur darüber, dass die MitarbeiterInnen doch bitte ihr Passwort ändern mögen.
Horst Martens von der Rechtsstelle der Universität hat erst am Donnerstag vergangener Woche von dem Vorgang erfahren und sich einige Aufnahmen angehört. „Zum Teil sind sie relativ harmlos, zum Teil sind es rassistische Hetztiraden“, sagt der Rechtsexperte. Martens befürchtet, dass auch neue Pass-wörter nicht unbedingt sicher sind: leicht nachvollziehbare Passwörter können leicht geknackt wurden.
Die BreKom könne zurzeit nicht viel machen, sagt Schumacher, außer die gesamte Fernabfrage zu sperren. Gerade in der Urlaubszeit sei das wenig sinnvoll. Viele würden ihren Anrufbeantworter deshalb abschalten. Die Anrufe muss der Telefon-Terrorist mittlerweile bezahlen. Zuvor konnte er sich über eine kostenlose Service-Nummer einwählen. Die Nummer wurde inzwischen gesperrt, was aber kein Hindernis zu sein scheint. Wegen der Dauerbelästigung mit Anrufen wurde von einer Privatperson Ende vergangener Woche Strafanzeige bei der Kriminalpolizei gestellt. „Wir rechnen aber mit noch mehr Geschädigten“, sagte ein Polizeisprecher.
Der Staatsanwalt Uwe Picard ermittelt aufgrund dieser Anzeige jetzt wegen Volksverhetzung. „Es handelt sich vorwiegend um volksverhetzende Aussagen mit zum Teil sexuell beleidigenden Komponenten“, bestätigt er die Beschuldigungen. Auch die Universität versichert, eine Strafanzeige gestellt zu haben, sagt Martens von der Rechtsstelle. Eiken Bruhn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen