: Gesperrt ist nicht gesperrt
Dank Lastschriftverfahren: Einkauf mit gestohlener EC-Karte ist möglich ■ Von Elke Spanner
Renate Kiesselbach dachte, gesperrt ist gesperrt. Als sie am 28. Juni ihre Filiale der Hamburger Sparkasse (Haspa) verließ, war der erste Ärger über den Dieb der Zuversicht gewichen, dass er zumindest außer dem Bargeld im geklauten Portemonnaie keinen Pfennig mehr von ihr bekommen würde. Eine Woche später waren es dann fast 1200 Mark, die von ihrem Konto abgebucht worden waren. Denn Kartensperre, weiß sie nun, ist eben doch nicht Kartensperre.
Auf zwei Weisen kann mit einer EC-Karte das Konto belastet werden: Im Point-of-sale sowie im Lastschriftverfahren, oder, anders ausgedrückt: Mit und ohne Geheimzahl. Wird am Geldautomaten oder auch an der Kasse eines Geschäftes die Geheimzahl verlangt, checkt das Lesegerät direkt bei der Bank, ob Geld auf dem Konto und dieses zugänglich ist. Dieser Direktzugriff wird mittels der „Kartensperre“ gestoppt.
Anders hingegen ist es im Lastschriftverfahren, mit dem der Dieb von Kiesselbachs Portemonnaie täglich Lebensmittel einkaufen geht: Da wird die Karte zwar an der Geschäftskasse mit einem Lesegerät eingesehen. Dieses ist aber nicht direkt mit der Bank verbunden, sondern druckt nur die Rechnung aus. Den Beleg reicht das Geschäft dann bei der Bank ein – und die bucht ab. Im Falle von Kiesselbach bisher 17 Mal. Zwar kann sie die Buchungen sofort rückgängig machen, „unbürokratisch“, wie Haspa-Sprecher Ulrich Sommerfeld betont. Aber „ich weiß nie, was auf meinem Konto los ist“, sagt Kiesselbach, „eigentlich müsste ich jeden Tag zur Bank.“ Und das nervt.
Der Stress bliebe ihr auch bei den anderen Banken nicht erspart. Eine Kartensperre für das Lastschriftverfahren gibt es grundsätzlich nicht. Buchen die Banken den reklamierten Betrag dann zurück, bleibt das Geschäft auf dem Kaufbetrag sitzen. Dieses Risiko zu tragen aber sind viele Läden bereit, weil sie an anderer Stelle dafür sparen: Wer ein Lesegerät mit Geheimnummer betreibt, muss von jedem Kaufbetrag Prozente an die Bank abführen. Tankstellen beispielsweise nehmen Kartenzahlung in der Regel nur mit Geheimnummer an.
Manche Läden, die die Prozente sparen wollen, lassen sich beim Lastschriftverfahren zumindest den KundInnen-Ausweis zeigen. Andere tun nicht mal das. Ihnen reicht eine Unterschrift auf dem Beleg. Und da eine Original-Unterschrift auf der Rückseite der EC-Karte steht, ist diese leicht gefälscht.
Will Kiesselbach endgültig Ruhe, bleibt ihr nur die Kündigung des Kontos übrig. Das wollte sie bisher vermeiden, weil sie dann Daueraufträge auflösen und ihrem Vermieter, dem Arbeitgeber sowie diversen Versicherungen ihre neue Bankverbindung mitteilen muss. Nach 17 Stornierungsaufträgen ist sie dazu jetzt doch bereit.
Hjördes Christiansen von der Verbraucherzentrale rät der gepeinigten Bankkundin darauf zu achten, dass sie zumindest für die Konto-Kündigung nicht auch noch Geld bezahlen muss.
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