hochzeit
: Verliebt, verlebt, verpartnert

Die Grünen feiern Polterabend

Politik ist das Bohren dicker Bretter, schrieb Max Weber vor über 80 Jahren. Damals war der Begriff „Lesben-und-Schwulen-Politik“ noch nicht erfunden. Doch gerade auf diesem Feld braucht man einen langen Atem: „Schon mit 18 Jahren habe ich in Krefeld die erste Schwulengruppe gegründet“, erinnert sich Thomas Birk, der heute 39 ist, längst in Berlin lebt und für die Grünen ins Abgeordnetenhaus einziehen möchte. Seine Kollegin Anja Kofbinger möchte das auch. Die grüne Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, Sibyll Klotz, ist ebenfalls bekennende Lesbe.

Traditionell kämpfen grüne Politikerinnen in Parlamenten und Verwaltungen für Anerkennung und Rechte von Homosexuellen. Dabei braucht man auch die Gabe, sich über kleine Erfolge zu freuen: So sei es „ein großer Sieg“, wenn zum Christopher Street Day eine Regenbogenfahne vor dem Abgeordnetenhaus gehisst wird. Oder wenn das Paralement beschließt, die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen zu rehabilitieren. Oder wenn die „Berliner Projektlandschaft“ von Kürzungen ihrer Zuschüsse verschont bleibt.

Jeder kleine Fortschritt muss also mühsam durchgesetzt und erkämpft werden. Ärgert es da nicht, wenn einer, der sich nie offen zu seiner Homosexualität bekannt hat, plötzlich vor aller Welt ausruft, er sei schwul, das sei gut so und dafür gefeiert wird? Nein, das Outing von Klaus Wowereit habe man „aufs Schärfste begrüßt“, sind sich die versammelten Grünen einig.

Und substanzielle Fortschritte gibt es in diesen Tagen ja auch: Ein neues Bundesgesetz macht es möglich, dass sich homosexuelle Lebensgemeinschaften in Standesämtern eintragen können. Als erste geben sich zwei grüne Frauen am 1. August im Rathaus Schöneberg das Jawort. Den „Polterabend“ spendiert die Parteivorsitzende Claudia Roth im Tränenpalast.

Einzige Leidtragende bei so viel gesellschaftlichem Fortschritt scheint die Sprache zu sein. Das ungeliebte Wort „heiraten“ ist durch „paarungswillig“, „verlebt“, „eingetragen“ oder gar „verpartnert“ doch nur sehr unzureichend ersetzt.

ROBIN ALEXANDER