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„Zweimal Hanf-Suppe, bitte!“

Heute ist Hanf-Move, und dem lässt sich noch eine Woche nachschmecken: Mit Speisen aus Öko-Marihuana  ■ Von Stefanie Hundsdorfer

„Conny, möchtest du auch ein Marihuana-Brot?“ Ulf ruft vom Tresen aus quer durch die bevölkerte Imbissstube. Die Augen des groß gewachsenen Mannes gleiten währenddessen über die schwarze Schiefertafel an der Wand: Hanf-Gemüse-Suppe, Hanfbratlinge, Hanfbrötchen. Ulf überlegt nicht lange. Er ist hier Stammgast, in „Porns Küche“, einem kleinen Imbiss in der Altonaer Fußgängerzone. „Zweimal Hanf-Suppe, bitte. Mit Brötchen.“

„Hanfsamen, Hanföl, Hanfmehl. Natürlich alles Nutzhanf aus ökologischem Anbau.“ Schon seit zwei Jahren biete er täglich Speisen aus diesen Produkten an, erzählt Klaus Pohl, Chefkoch und Besitzer von „Porns Küche“. Für die nächsten Tage, wie immer zum jährlichen Hamburger Hanffest, überlege er sich ein ganz spezielles Angebot.

Ulf und sein Kumpel Conny stehen inzwischen an einem der Ess-Tischchen, löffeln ihre Suppe und mampfen Semmeln. Die sehen von weitem wie ganz normale Weißbrötchen aus. Beißt man hinein, knackt es. Ach, das sind diese kleinen, dunkelbraunen Körner da drin. Hanfsamen. „Lecker“, schwärmt Ulf. „Hanfbrot mit Suppe – eine klasse Kombination.“ Und, spürt er schon was? Er sei jedesmal berauscht, wenn er hier weggehe, scherzt der 36-Jährige grinsend. Sofort stellt er richtig: „Quatsch. Ich spüre gar nichts. Nutzhanf ist schließlich keine Droge.“

Droge ist das Stichwort. Sofort beginnt eine Diskussion. Gaus, der ebenfalls am Tisch steht, mischt sich ein: „Das primäre Interesse an diesen Hanfprodukten ist doch, das man das Zeugs bald in der Apotheke kaufen kann.“ Man wolle doch nur die Legalisierung einer Droge, meint er. „Blödsinn.“ Ulfs Stimme klingt genervt. „Das ist doch bloß wieder dieser typisch deutsche Lobby-Gedanke.“ Für ihn stehe fest: Nutzhanf und die Droge Marihuana – das seien zwei grundverschiedene Dinge. Gaus ist nicht überzeugt. Er wendet sich lieber wieder seinem Salat zu. Die verräterischen dunkelbraunen Körner auf seinem Teller ignoriert er.

„Meine Speisen sind keine Drogen“, betont Koch Pohl. Der THC-Gehalt des verwendeten Nutzhanfs liege unter 0,3 Prozent, der Obergrenze des legalen THC-Anteils. THC steht für Tetrahydrocannabinol und bezeichnet die psychoaktive Wirksubstanz von Cannabis. Seit 1996 darf THC-armer Nutzhanf in Deutschland wieder angebaut werden – unter Anmeldepflicht und nicht für den privaten Gebrauch. Hanfsamen sind ohnehin vom Betäubungsmittelgesetz ausgenommen.

Hanf breiter auf den Markt bringen – das ist ein Anliegen von Klaus Pohl. Denn Hanf ist ein äußerst gesundes Lebensmittel. In ihrem Eiweißgehalt werden seine Samen lediglich von der Sojabohne übertroffen. Und auch im Anbau liegen Vorteile. „Wegen der Robustheit der Cannabis-Pflanzen ist der Anbau von Hanf öko-logisch wesentlich verträglicher als der manch anderer Nutzpflanze“, erläutert der Imbiss-Besitzer. So brauche man zum Beispiel deutlich weniger Insektenvernich-tungsmittel, da tierische Schädlinge nur sehr selten aufträten. Zudem wirke Hanf unkrautunterdrückend, Herbizide seien überflüssig.

Ulf, Gaus und Conny sind mit dem Essen fertig. Nachtisch gefällig? Wie wär's mit einem von Porns Hanfvielkörnerhalbbällchen? Die sehen aus wie kleine, zusammengeklebte Müslihäufchen. Und schmecken – ja wie eigentlich? Irgendwie kornig-nussig. Na eben hanfig.

Noch bis 5. August kann man an folgenden Locations des Hanf-Fes-tes Speisen aus dem guten Kraut genießen: Porns Küche (Große Bergstraße 239), Gesund Essen (Bundesstraße 6), Zorba the Buddha (Karolinenstraße 7), caffé latte (Wohlwillstraße 49).

Und sonst: Heute startet um 14 Uhr der Hanf-Move ab dem Fischmarkt. Cannabis-Fans tanzen sich über Reeperbahn und Pferdemarkt bis in den Sternschanzenpark. Dort steigt von 16 bis 22 Uhr das HanfFest „Live und handgerollt“, auf dem mehrere Bands zum Grooven aufspielen. Am Sonntag verwandeln sich Sternschanzenpark und -bahnhof von 11 bis 18 Uhr in einen riesigen Flohmarkt.

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