: Die glorreichen Sieben
Sieben Neuzugänge aus sieben Nationen: der FC St. Pauli setzt auf ehrgeizige und unbekannte Spieler von Verena Weiße
Der Ehrgeizige
Name: Catalin Racanel
Position: Mittelfeld
Letzter Verein:
Eintracht Trier
Nation: Rumänien
„Für mich ist es eine große Herausforderung und ein riesiger Aufstieg. Letzte Saison stand ich noch in der dritten Liga bei Trier unter Vertrag“, grinst Racanel vor Freude. Die Stimmung unter den Pauli-Spielern sei prächtig und Probleme mit dem Trainer habe er auch keine. „Ich werde versuchen, mich in die Stammelf zu spielen. Es wird zwar ein harter und langer Weg, aber ich glaube, dass ich es schaffen kann.“ Die Konkurrenz im Mittelfeld ist groß, keine Frage. Doch wusste sich der gebürtige Rumäne schließlich auch bei der Eintracht durchzusetzen. Zu seinen Stärken und Schwächen äußert sich der 24-Jährige nicht. Seine Form und Spielstärke möchte er lieber durch Taten auf dem Spielfeld unter Beweis stellen, statt durch große Worte vorab. Ein Ziel hat Racanel aber besonders fest im Visier: „Wenn wir alle zusammen an einem Strang ziehen und uns die Fans zur Seite stehen, können wir den Klassenerhalt schaffen.“
Der Stille
Tihomir Bulat
Position: Torwart
Letzter Verein: NK Sibenik
Nation: Kroatien
„Ich wusste von Anfang an, dass St. Pauli mit Weber einen ausgeliehenen Torwart hat und das er den Klub zum Saisonende verlassen muss“, stellt Bulat die Situation dar. Außerdem wollte der gebürtige Kroate unbedingt ins Ausland wechseln. Der 26-Jährige kam, absolvierte ein Probetraining, und nach zehn Tagen war alles klar. Er unterschrieb einen Vertrag bis 2003 und ist Paulis neuer Stammkeeper zwischen den Pfosten. Die Freude steht dem ansonsten eher schüchtern scheinenden Torwart ins Gesicht geschrieben. „Ich bin super empfangen worden und voll zufrieden hier. Ich hätte nicht erwartet, dass so etwas im Ausland passieren kann.“ Auch sonst wirkt Bulat eher zurückhaltend und schweigsam: „Ich rede nicht so gerne über mich und möchte lieber, dass ein bisschen Zeit vergeht. Der Trainer entscheidet, ob ich gut genug bin, um in der Bundesliga aufzulaufen.“
Der Zielstrebige
Name: Moudachirou Amadou
Position: Abwehr
Letzter Verein:
Hannover 96
Nation: Benin
„Ich habe ein Angebot von St. Pauli erhalten. Der Verein ist in der ersten Liga und ansonsten ist kein anderer Verein auf mich zugekommen“, schildert der 30-Jährige seinen Weg ans Millerntor. Eher zurückhaltend äußert sich der gebürtige Afrikaner zu Chancen auf einen Stammplatz: „Ich denke, dass es im Team viele gute Abwehrspieler gibt. Ich muss mehr arbeiten. Wenn der Trainer das Vertrauen in mich setzt, werde ich es schon schaffen.“ Vier Jahre Zweitligaerfahrung lassen Amadou selbstbewusst in die Zukunft blicken. „Ich kenne die Spieler von Pauli. Mit Marcel Rath habe ich zusammen in Cottbus gespielt.“ Über seine Stärken im Spiel weiß er: „Besonders gut sind mein Zweikampfverhalten, mein Kopfballspiel und mein Schuss von 20 oder 30 Meter Entfernung.“ Trotz seiner Schnelligkeit fehle es seinem Offensivspiel noch ein bisschen an Pepp. Eines jedoch steht für ihn außer Frage: „Wir müssen in der ersten Liga bleiben.“
Der junge Wilde
Name:Corry Gibbs
Position: Abwehr
Letzter Verein: Brown University of Soccer (Kanada)
Nation: USA
„Als ich im Januar hier war, habe ich oft mittrainiert und festgestellt, dass die Chemie zwischen mir und der Mannschaft stimmt. Die Spieler und der Trainer sind wie eine Familie für mich“, stellt Gibbs zufrieden fest. Strahlend fügt der 21-Jährige hinzu: „Die Jungs geben mir eine Chance, dass ist es, was ich mag.“ Trotz der Freude über den tollen Empfang wisse er, dass in Hinblick auf die spielerische Leistung noch viel Arbeit auf ihn zukommen werde. Doch möchte der Amerikaner diesen steinigen Weg gehen: „Wenn ich hart trainiere, fühle ich mich danach sehr wohl. Ich hoffe natürlich, dass sich die Arbeit auszahlt und ich auch eingesetzt werde.“ Trainer Demuth zollt er großen Respekt, denn der weiß genau, wer gut drauf ist und wer hart trainiert. „Der Trainer gibt jedem eine faire Chance zu spielen.“ Eine Lobeshymne hält Gibbs auch für seine Mannschaftskameraden bereit: „Sie sind wie Brüder für mich. Wir sind eine gute Gemeinschaft und ich mag jeden im Team.“
Der Freundliche
Name: Yakubu Adamu
Position: Abwehr
Letzter Verein: SG Wattenscheid 09
Nation: Nigeria
„St. Pauli ist die beste Wahl und ein guter Platz für mich, um in die Bundesliga zu starten.“ Außerdem sei er wegen seiner eigenen Fußballkarriere hier: Er hofft, dass dies der Verein ist, bei dem er erst einmal Fuß fassen kann. Der junge Afrikaner legt vor allem auf eines großen Wert: „Die Leute hier auf St. Pauli sind sehr freundlich, der Trainer ist sehr gut und geht super mit den Spielern um.“ Auch über seine Teamkollegen weiß der 19-Jährige nur Positives zu berichten: „Zu neuen Spielern sind eigentlich alle sehr nett.“ Eindeutig formuliert Adamu seine Ziele für die kommende Saison: „Ich bin nicht hierher gekommen, um die Saison als Reservist auf der Bank zu sitzen. Ich möchte in der Abwehr spielen und die Mannschaft in der Bundesliga unterstützen.“ Zu seinen spielerischen Stärken und Schwächen sagt Adamu nichts. Für ihn zählt einzig und allein die Leistung auf dem Platz.
Der Kühle
Name: Oliver Held
Position: Mittelfeld
Letzter Verein: FC Schalke 04
Nation: Deutschland
„Als ich vor sechs Jahren zu Schalke kam, fand ich auch nur einen ganz kleinen Klub vor“, blickt Held in die Vergangenheit zurück. „Überall standen noch Container herum, es war also nichts Großartiges. Hier auf St. Pauli lassen sich ähnliche Verhältnisse erkennen.“ Pudelwohl fühlt sich der 28-Jährige bei dem Klub: „Ich bin sehr freundlich begrüßt worden und hatte vom ers-ten Tag an keine Probleme.“ Schließlich sei er ja auch kein schwieriger Mensch, der sich irgendwo querstellt, sondern versucht, sich in die Gemeinschaft einzugliedern. Vor der Frage nach einem Stammplatz, zählt für ihn besonders eines: „Ich werde alles dafür tun, meine Leistung zu bringen.“ Über Stärken und Schwächen hüllt sich Held in Schweigen, denn „die sollen andere beurteilen“. Am Ende ist ihm doch noch ein Kommentar zu seinem Können zu entlocken: „Ich kann auf ein gutes Zweikampfverhalten bauen, bin schnell, habe einen guten Schuss und, und, und...“
Der Realist
Name: Ugur Inceman
Position: Mittelfeld
Letzter Verein: Alemannia Aachen
Nation: Türkei
„Die Zuschauer sind einfach klasse hier, ähnlich wie in Aachen. Ich brauche das persönlich sehr“, lobt Inceman die Fans in höchsten Tönen. „Manager Stefan Beutel und ich hatten sehr gute Gespräche miteinander und er überzeugte mich, dass St. Pauli eine gute Station für meine Entwicklung ist.“ Auch das gesamte Umfeld sei hier von Vorteil. „Die sind sehr locker und mir gefällt es hier einfach.“ In die Spielmacher-Rolle lässt sich der 20-Jährige nur ungern drängen: „Ich bin als Mittelfeldspieler gekauft worden. Ob daraus nun eine Funktion als Spielmacher wird, muss der Trainer entscheiden. Ich persönlich setze mich da nicht unter Druck.“ Seine Stärken und Schwächen bleiben vorerst das Geheimnis des gebürtigen Türken. Nur soviel Einblick gewährt er: „Das wird man sehen, wenn die Saison beginnt. Es wäre sinnlos, wenn ich jetzt sagen würde, das sind meine Stärken, dies sind meine Schwächen. Warten wir es mal ab.“
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